1. FC Köln - Bayer Leverkusen (17.30 Uhr):Angepirscht

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Immer die Linie lang: Julian Brandt ist zurzeit wieder Stammspieler bei Bayer 04 Leverkusen. (Foto: Deniz Calagan/dpa)

Julian Brandt hat seine Rolle als Talent ausgekostet. Nun scheint er sich als ernstzunehmender Fußballer in Leverkusen zu etablieren - und darf auf einen Platz im DFB-Kader hoffen.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Julian Brandt liebt das Musical König der Löwen. Fünf Mal hat er es bereits gesehen. Dass mancher das "schnulzig" finden könnte, stört ihn nicht. Er mag dieses farbenprächtige Spektakel mit Musik. Und es passt ja auch gut zu ihm: Im Musical geht es um einen jungen Löwen, der seinen Platz sucht in einer mitunter chaotischen, aber auch von festen Ordnungen und Ritualen geprägten Welt. Brandt geht es da ähnlich - beim Fußball.

Vor gut zwei Jahren ist er aus der Jugendabteilung des VfL Wolfsburg zu Bayer Leverkusen gewechselt, um den Sprung in den Profifußball zu bewältigen. Seither beobachtet er, übt und pirscht sich immer wieder heran, aber den großen Sprung hat er bis jetzt noch nicht geschafft. Brandt ist dafür noch nicht konstant genug. 19 Jahre, 61 Bundesligaspiele, elf Tore - das sind beeindruckende Zahlen, allerdings waren sie stets begleitet von wellenförmigen Formwechseln. Brandt hat seine Rolle als Talent bislang ausgekostet - nun ist es an der Zeit, sich endlich als ernstzunehmender Fußballer zu etablieren.

Für Brandts gute Leistungen gibt es drei Theorien

Gerade pirscht er sich wieder heran: Beim 4:1-Sieg der U21-Nationalmannschaft im EM-Qualifikationsspiel gegen die Färöer Ende März in Frankfurt hat er sein erstes Tor im U21-Trikot geschossen. In der Bundesliga prägt er seit vier Spielen den Leverkusener Aufschwung. Drei Torvorlagen und zwei Tore hat er zuletzt beigetragen, ein Unentschieden und drei Siege sind dabei hausgesprungen, weshalb die Leverkusener beim Gastspiel in Köln am Sonntag weiter siegen wollen, um sich die Chance auf eine neuerliche Qualifikation zur Champions League zu wahren. "Wir wollen unseren Lauf fortsetzen", sagt der Trainer Roger Schmidt.

Es gibt drei Theorien, warum es für Brandt plötzlich so gut läuft. Bayers Sportdirektor Rudi Völler sagt, er habe Brandt zu mehr Egoismus am Ball ermutigt. Die Bild-Zeitung will wissen, dass Brand einen Anruf vom Bundestrainer Joachim Löw erhalten habe, in dem Löw ihm bei besseren Leistungen einen Platz im Europameisterschaftskader in Aussicht gestellt habe. Und Brandt selbst sagt schließlich: "Es läuft jetzt einfach wieder, die Sonne scheint, es ist Frühling."

Dass er mit 19 Jahren überhaupt schon sein erstes großes Tief hinter sich hat, ist natürlich seiner frühen Entwicklung geschuldet. Mit 15, noch als Jugendspieler beim Bremer Klub FC Oberneuland, lief er erstmals für eine Jugend-Auswahl des DFB auf und traf beim U15-Länderspiel gegen Portugal gleich zum ersten Mal. Auch Levin Öztunali hat damals mitgespielt, auch er hat an jenem Tag ein Tor geschossen. Öztunali spielt zurzeit für Werder Bremen, aber er ist nur ausgeliehen - von Bayer Leverkusen. Es sieht so aus, als sollte er im kommenden Sommer unters Bayerkreuz zurückkehren.

Sein Entdecker arbeitet heute beim FC Bayern

Im Sommer 2011 ist Brandt vom FC Oberneuland zum VfL Wolfsburg gewechselt, zu Beginn des Jahres 2014 wurde er von Leverkusen verpflichtet. Der damalige Manager Michael Reschke, inzwischen beim FC Bayern, hatte Brandt davon überzeugt, dass seine Chancen auf Einsatzzeiten in Leverkusen besser sind als bei den damals offenbar ebenfalls interessierten Klubs Bayern München und Borussia Dortmund.

Seit Brandt in Leverkusen neuerlich reüssiert, spielt er auf der linken Seite. Karim Bellarabi spielt rechts, Hakan Calhanoglu zentral, vorne Stefan Kießling oder Javier Hernandez. In Köln an diesem Sonntag aber könnten Kießling und Hernandez wieder zusammen als Doppelspitze in die Startelf drängen. Weil dann Calhanoglu als klassischer Zehner wegfiele und Brandt auf der linken Seite womöglich derzeit nicht verdrängen kann, könnte Calhanoglu an die Seite von Lars Bender auf die Doppel-Sechs im zentral-defensiven Mittelfeld zurückversetzt werden und dort den Weltmeister Christoph Kramer verdrängen.

Für den jungen Julian Brandt wäre die Berücksichtigung in der Startelf eine neuerliche Bestätigung. Der junge Simba im König der Löwen hat es nach einer Geschichte voller Irrungen und Wirrungen ja schließlich auch zum respektierten Anführer der Tiere geschafft.

© SZ vom 10.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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