2. Bundesliga:Schwerer Unfall in Cottbus

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Osnabrücker Flamur Kastrati bricht nach Zweikampf reglos zusammen, der Krankenwagen bringt ihn aus dem Stadion. Die Kollegen sind schockiert und weigern sich, danach normal weiterzuspielen.

Ein folgenschwerer Zusammenprall hat das Zweitliga-Spiel zwischen Energie Cottbus und dem VfL Osnabrück überschattet. Beim 2:0 (0:0)-Sieg der Cottbuser stieß der Osnabrücker Angreifer Flamur Kastrati in der 80. Minute mit dem Cottbuser Markus Brzenska zusammen und sackte regungslos zu Boden. Schiedsrichter Marc Seemann (Essen) unterbrach das Spiel für zwölf Minuten, bevor der offenbar zeitweise bewusstlose Kastrati mit dem Krankenwagen vom Platz gefahren wurde.

Der 19-jährige Norweger Flamur Kastrati wird in Cottbus mit dem Krankenwagen aus dem Stadion gefahren. (Foto: dpa)

Kastrati schwebt aber nicht in Lebensgefahr. Das teilte der Cottbuser Club-Sprecher Lars Töffling am Sonntagnachmittag nach einem Telefonat mit dem behandelnden Arzt mit. Der 19-jährige Norweger sei wieder bei Bewusstsein und ansprechbar. Umfangreiche Untersuchungen ergaben, dass alle lebenswichtigen Organe voll funktionsfähig sind. Am Montag erklärten die Ärzte vom Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum, dass sie bei Kastrati ein Schädel-Hirn-Trauma und ein Spinal-Trauma diagnostiziert haben. Der 19 Jahre alte Norweger sei "wach und orientiert", erklärten die Ärzte.

Mannschaftskollege Matthias Heidrich hatte nach dem Spiel im Fernsehsender Sky gesagt: "Die ersten Bilder waren nicht schön. Man hat gesehen, dass es für uns nicht möglich war, einfach weiterzuspielen." Die Spieler weigerten sich nach Wiederanpfiff, die Partie ernsthaft weiterzuführen. Bis zum Schlusspfiff ereignete sich auf dem Feld nichts mehr, die Spieler schoben den Ball lediglich hin und her. "Man konnte sehen, dass er komplett regungslos da lag und kreidebleich war", erzählte Heidrich.

VfL-Manager Lothar Gans erklärte, dass Kastrati eine Halswirbelsäulenverletzung erlitten habe. "Man merkt, wie unwichtig in solchen Situationen ein Fußballspiel sein kann", sagte Gans. Kastrati hatte noch auf dem Spielfeld einen Tropf gelegt bekommen. "Das ist ein Schicksalsschlag. Eigentlich wollten wir nicht mehr weiterspielen", sagte Osnabrücks Abwehrspieler Angelo Barletta, und auch Energie-Torwart Thorsten Kirschstein war schockiert: "Ich habe so etwas auf dem Fußballplatz noch nie erlebt. Wir freuen uns zwar über den Sieg, sind in Gedanken aber bei Kastrati."

Die Ärzte in Cottbus gehen davon aus, dass der Spieler von seinen Kopf- und Halsverletzungen genesen wird. Wie lange Kastrati dafür in der Klinik bleiben muss, war am Montag noch ungewiss. Die Eltern des Norwegers sind inzwischen bei ihm in Cottbus.

Schiedsrichter Marc Seemann war für die Zuschauer zum Buhmann geworden, als er die Unterbrechungsdauer von zwölf Minuten nachspielen ließ. Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz verteidigte ihn: "Wenn ich gefragt worden wäre, hätte ich kein Problem gehabt, das Spiel abzubrechen oder auch neu anzusetzen. Nur der Schiedsrichter darf das nicht machen."

Seine Mannschaft setzte durch den Sieg seine Aufholjagd fort und darf weiter auf eine Rückkehr in die Fußball-Bundesliga hoffen. Die Lausitzer halten auf Platz fünf den Anschluss an die Aufstiegsränge. Sie holten aus den vergangenen vier Spielen zehn von zwölf möglichen Punkten. Für die Entscheidung zugunsten der Cottbuser sorgten mit einem Doppelschlag der von einigen Bundesligaklubs umworbene Nils Petersen (56. per Foulelfmeter) und Abwehrspieler Uwe Hünemeier (60.). Für den 22 Jahre alten Stürmer Petersen war es bereits das 20. Saisontor, der kopfballstarke Hünemeier traf schon neunmal ins gegnerische Netz.

Der VfL Bochum baute in Aachen seine Rekordserie aus und verbesserte die Chance auf den sofortigen Bundesliga-Wiederaufstieg. Mit dem glücklichen 3:1-Sieg bei Alemannia Aachen übernahm der seit 13 Spielen ungeschlagene Revierclub den Aufstiegs-Relegationsplatz. Doch schon am Montag (20.15 Uhr) kann die SpVgg Greuther Fürth mit einem Sieg im Schlagerspiel gegen Spitzenreiter Hertha BSC Berlin die Bochumer wieder vom dritten Platz verdrängen.

Mimoun Azaouagh (15. Minute), Ümit Korkmaz (55.) und Marcel Maltritz (85./Foulelfmeter) waren die Torschützen beim glücklichen Sieg des VfL, denn Aachen vergab gleich zwei Foulelfmeter. Zunächst scheiterte Marco Höger (61.) an VfL-Schlussmann Andreas Luthe, dann traf Benjamin Auer (63.) nur die Querlatte.

Arminia Bielefeld befindet sich nach einem kurzzeitigen Aufschwung wieder im schier unaufhaltsamen Sturzflug Richtung 3. Fußball-Liga. Die Ostwestfalen unterlagen vor eigenen Publikum dem ebenfalls krisengeschüttelten TSV 1860 München 0:3 (0:1), nachdem sie gegen den SC Paderborn unentschieden gespielt (1:1) und beim Pokalfinalisten MSV Duisburg gewonnen hatten (2:1). Acht Spieltage vor dem Saisonende beträgt der Rückstand auf den rettenden 15. Platz immerhin 13 Punkte.

Ein ehemaliger Bielefelder war vor 15.113 Zuschauern maßgeblich an diesem weiteren Tiefschlag für die Arminia beteiligt: Mittelfeldspieler Stefan Aigner erzielte nach einem Freistoß von Kai Bülow den zweiten Treffer der Gäste (63.), zuvor war Christopher Schindler nach einem Pass von Kevin Volland früh die Führung der "Löwen" gelungen (13.). Volland selbst sorgte für den Endstand (83.).

Der TSV 1860 hat sich seiner Abstiegssorgen damit wohl endgültig entledigt, zugleich sind aber auch die Aufstiegsplätze mindestens neun Punkte entfernt. Der Sieg der "Löwen" war verdient. Nach dem Führungstreffer hatten die Münchner die Begegnung im Griff, ohne dabei zu überzeugen. Sicher stand die umformierte Innenverteidigung mit Bülow und dem starken Necat Aygün.

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