Südtirol:Ein Platz in der ersten Reihe

Lesezeit: 3 min

Traumhafter Anblick: Die Drei Zinnen in den Dolomiten. (Foto: imago)

Mit dem umstrittenen Zusammenschluss der Skigebiete Helm und Rotwand ist in den Sextner Dolomiten ein stattliches Skigebiet entstanden. Inklusive der steilsten Piste Italiens und Blick auf die Drei Zinnen.

Von Rita Balon

Seit der Verbindung der Skigebiete Helm und Rotwand im letzten Winter gehören die Sextner Dolomiten im Hochpustertal mit über 90 Pistenkilometern zum größten Skigebiet in den östlichen Dolomiten. Dabei hatte die Skiregion immer schon einen großen Vorzug: die Aussicht. Ganz gleich ob auf Italiens steilster Piste oder auf den sanft geneigten Hängen unterhalb der Rotwand - vor dem ersten Schwung bleiben alle erst einmal wie angewurzelt stehen. Denn in den Skigebieten von Helm und Rotwand spielt ganz großes Landschaftskino die Hauptrolle. Da die mächtigen Felsformationen von Dreischusterspitze und der markante Haunold-Gipfel, dort die größte steinerne Sonnenuhr der Welt mit den Zacken Neuner, Zehner, Elfer, Zwölfer und Einser. Alle um die 3000 Meter hoch. Nur die Bekanntesten im Reigen der Dolomitengipfel, die Drei Zinnen, hatten im Naturschauspiel lange eine Nebenrolle. "Aber das war einmal", sagt Alfred Prenn, Marketingleiter der Sextner Bergbahnen. Denn mit dem Zusammenschluss der beiden Skigebiete Helm und Rotwand im vergangenen Winter rückt auch das Wahrzeichen der Sextner Dolomiten wieder ins Rampenlicht. Möglich macht es die neue Verbindung über den Rücken des Stiergartens, einem ehemaligen Platz für Zuchtbullen, heute ein Logenplatz für Ski- und Panoramafans.

Der neue Bahnhof in Vierschach ermöglicht eine autofreie Anreise

Der Weg zum Zusammenschluss war schwierig und entzweite die Bewohner der Orte. Mehr Skigebiet oder sanfter Tourismus und Umweltschutz? Fast zwei Jahrzehnte kämpften die Liftbetreiber darum, die Lücke zwischen den Skigebieten Helm und Rotwand schließen zu dürfen. "Nach endlosen Planungen, zähen Verhandlungen und Umweltverträglichkeitsprüfungen spielen die Sextner Dolomiten nun im Konzert der großen Skigebiete mit", erklärt Marketingleiter Prenn. Immerhin nähert sich das Pistenangebot nun der magischen 100-Kilometer-Grenze. Dabei erläutert Prenn, dass es den Bergbahnbetreibern nicht nur um die Größe gegangen sei, sondern auch um ein vernünftiges Umweltkonzept. So wurde neben der neuen Verbindung mit zwei hochmodernen Achter-Kabinenbahnen und zwei mittelschweren Abfahrten ein Bahnhof in Vierschach gebaut, der die autofreie Anreise erlaubt.

Von der Schiene steigen Schneesportler direkt auf die Ski beziehungsweise um in die Gondel auf den Helm. Zudem können im neuen Servicecenter in der Talstation Skiunterricht gebucht, Ski ausgeliehen und weitere Ausrüstung deponiert werden. "Komfort ist heute ein wichtiger Faktor, um im Skitourismus konkurrenzfähig zu sein", sagt Prenn. "Aber das wahre Kapital der Sextner Dolomiten ist die Landschaft." Und mit diesem Pfund wuchert die "Giro delle Cime". Rund 34 Kilometer verläuft die neue Panoramatour vom Helm über Rotwand und Kreuzberg bis ins venetische Val Comelico - nach Vorbild der berühmten Sella Ronda, nur gemütlicher und nicht so überlaufen.

Je weiter man sich auf dieser Runde im Rotwand-Gebiet dem Kreuzbergpass nähert, umso einsamer wird es. An den beiden Schleppliften auf dem mehr als 1630 Meter hohen Pass tummelt sich gerade mal eine Handvoll Skifahrer. Feinster Pulverschnee - und das Ende März. "Ein echter Geheimtipp", findet Alfred Prenn und erzählt, dass hier einst Marc Girardelli trainierte, abseits vom Trubel und wegen der guten Schneebedingungen bis weit ins Frühjahr.

Die Panoramatour stellt zwar kaum sportliche Herausforderungen, dafür ist der Genussfaktor umso höher. Sieben Kilometer lang gleiten die Skifahrer durch schneebedeckte Weiten nach Bagni di Valgrande. Die schwefelhaltige Quelle sollte bereits Anfang des 19. Jahrhunderts aus dem einsamen Weiler eine touristische Hochburg machen. Geblieben sind ein angestaubtes Kurzentrum und der unglaublich schöne Blick auf die fast 3000 Meter hohen Felsmassive der Popera-Gruppe.

Die Reise auf Skiern führt nicht nur durch abwechslungsreiche Dolomiten-Landschaften, sondern auch durch unterschiedliche Sprach- und Kulturräume zwischen Südtirol und dem italienischsprachigen Veneto. In Padola, der Endstation der Skisafari, beginnt Italien. In dem kleinen Dorf stehen Tische und Stühle auf der Piazza, trinken Einheimische und Skifahrer Espresso und Prosecco. Auch auf den Pisten herrscht typisches Dolce Vita. Das Skigebiet Val Comelico wurde vor einigen Jahren von den Sextner Bergbahnen gekauft. "In Zeiten immer größer werdender Skiarenen war es allein nicht überlebensfähig", sagt Alfred Prenn. "In Verbindung mit Sexten ist das Gebiet wieder zurück auf der touristischen Landkarte."

Das Skigebiet unterhalb der Rotwand ist das Lieblingsrevier für alle. Zum einen für die Skicracks: Die "Holzriese" ist die steilste Piste Italiens. Mit 720 Metern zwar nicht besonders lang, dafür aber mit 71 Prozent Gefälle extrem knackig. Nicht weit davon entfernt aber, im Schutz der steil emporragenden Rotwandspitze tummeln sich Familien auf den sanft geneigten Skihängen der Rotwandwiesen. Eine riesenhafte Schneemannfamilie, die fünf Kilometer lange Rodelbahn und der Rudi-Rentier-Weg, gesäumt mit lustigen Tieren aus Holz, machen das Skifahren dort zur schönsten Nebensache der Welt.

Die meist befahrene Piste ist übrigens laut Prenn die neue Abfahrt über den Stiergarten. Zum einen wegen des besagten Drei-Zinnen-Blicks und zum anderen wegen der Klammbachalm. Denn durch die Verbindung von Helm und Rotwand ist die urige Hütte auf 1950 Metern, zu der bislang nur wenige Wanderer und Rodler den Weg fanden, auch per Ski erreichbar. Hier kommen Südtiroler Spezialitäten wie Speck und Knödel frisch auf den Tisch. Und die Gäste sitzen mit Blick auf die grandiose Kulisse des Unesco-Weltnaturerbes in der ersten Reihe.

Infos : Insgesamt 93 Pistenkilometer sind mit 32 Aufstiegsanlagen verbunden. Mit dem neuen Bahnhof in Vierschach verbindet der Ski-Pustertal-Express die Skiregionen Sextner Dolomiten und Kronplatz (110 Pistenkilometer) im 30-Minuten-Takt. Beide Skigebiete sind im Dolomiti Superski-Verbund. Mehr unter www.hochpustertal.info

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: