Rückgang bei den Buchungen:Lieber nicht nach Griechenland

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Die Bilder von Krawallen und brennenden Deutschland-Fahnen in Athen haben Urlauber offenbar auch im Kopf, wenn sie an Urlaub auf den griechischen Inseln und im Rest des Landes denken. Trotz deutlicher Preisnachlässe wollen immer weniger Touristen buchen.

In Griechenland herrscht längst bestes Urlaubswetter, doch die Aussichten für die Tourismusindustrie sind trübe. "Nach den Wahlen am 6. Mai sind die Buchungen um 50 Prozent eingebrochen. Schuld ist die politische Unsicherheit", sagt George Drakopoulos, der Chef des Verbandes griechischer Tourismusunternehmer SETE. "Die Hotels machen attraktive Angebote. Aber den Griechenland-Urlaubern geht die Sicherheit über das Preis-Leistungsverhältnis." Der Tourismus ist eines der Aushängeschilder der griechischen Wirtschaft, die Branche beschäftigt laut SETE direkt und indirekt 768.000 Menschen und sorgt für 15,7 Prozent der Einnahmen des Landes.

Die Saison 2011 war besonders profitabel. Die Umbrüche in Nordafrika bescherten der Tourismusindustrie einen Zuwachs von zehn Prozent. Doch seit Anfang des Jahres seien die Buchungen um 25 bis 30 Prozent zurückgegangen, seit den Wahlen laufe gar nichts mehr, sagt Panagiotis Moriatis. Moriatis ist der Vorsitzende des Hotelier-Verbandes in Nafplio, einem beliebten Urlaubsziel in der Nähe des zum Weltkulturerbe zählenden antiken Theaters von Epidaurus. Seiner Meinung nach sind die Berichte über die zum Teil gewalttätigen Demonstrationen im historischen Zentrum der Hauptstadt mitverantwortlich. "Die ausländischen Medien berichten nur über die Probleme in Athen. Vom Rest des Landes zeigen sie gar nichts", sagt Moriatis.

Buchungsrückgang trotz Preisnachlässen

Das sieht auch der Reisekonzern Thomas Cook so. Bilder von gewalttätigen Demonstrationen in den Großsstädten schreckten die Reisenden ab, obwohl die Lage in Urlaubszielen wie Kreta und Rhodos friedlich sei, sagte Touristik-Geschäftsführer Michael Tenzer der Zeitung Euro am Sonntag. Ihm zufolge lagen die Buchungen in der deutschen Reisebranche Anfang der Sommersaison "um 30 Prozent unter dem Vorjahr". Bis zu den Wahlen hätten sie zwar wieder etwas zugelegt, mit der Diskussion um Neuwahlen und den Euro-Ausstieg sei es aber wieder abwärts gegangen - trotz deutlicher Preisnachlässe von bis zu 20 Prozent.

Dennoch wollen einige Tourismusexperten die Saison noch nicht verloren geben. "Griechenland hat eine Menge treuer Fans. Das sind Leute, die das Land aus erster Hand kennen und sich nicht von den Medien beeinflussen lassen", sagt John Kester von der UN-Tourismusorganisation in Madrid (UNWTO). Das gelte grundsätzlich auch für deutsche Griechenland-Urlauber, sagt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband. Sie widerspricht den in Griechenland verbreiteten Befürchtungen, gerade die Deutschen könnten das Land meiden. Da der den Griechen auferlegte strenge Sparkurs vor allem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Verbindung gebracht werde, hätten deutsche Urlauber Angst vor dem Groll der Griechen, mutmaßen griechische Tourismusexperten.

In Großbritannien, Italien und Österreich verzeichnen Reiseunternehmen wenn überhaupt jedenfalls nur einen geringen Rückgang der Buchungen. "Griechenland ist ein beliebtes Ziel für unsere Kunden", sagt beispielsweise ein TUI-Sprecher in Großbritannien. Vielen Franzosen ist jedoch die Lust auf einen Urlaub an griechischen Stränden vergangen. "Die Buchungen für den Sommer sind um 30 Prozent gesunken", sagt René-Marc Chikli vom Verband der französischen Reiseunternehmen.

Rückkehr zur Drachme könnte für die Branche ein Gewinn sein

Einige Reiseveranstalter bereiten sich bereits auf den Fall vor, dass Athen aus der Eurozone ausscheidet. "Dann können sie sehr schnell die Verträge mit den Hotels neu aushandeln", sagt Chikli. Eine Rückkehr der Griechen zur alten Währung Drachme könnte für deutsche Reiseunternehmer interessant sein, da sie saftige Gewinne durch den Wechselkurs machen könnten, sagt Peter Voigt, Professor für Tourismus in München. Für die Urlauber sei diese Entwicklung riskanter, vor allem wenn es eine galoppierende Inflation gebe, sagt der Wissenschaftler und verweist auf Argentinien: Auf dem Höhepunkt der dortigen Krise Anfang des Jahrtausends habe dort eine Tasse Kaffee teils 15 Dollar gekostet.

© Anne-Sophie Labadie/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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