Rettung nach dem Flugzeugabsturz:Überleben kann man lernen

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Nach der Bruchlandung der Asiana-Maschine in San Francisco zählten bei der Evakuierung die Sekunden. Trotzdem suchten einige erst ihr Handgepäck zusammen. Was Passagiere im Notfall anders machen sollten.

Von Andreas Späth

Der Ernstfall brach völlig überraschend über die 291 Passagiere an Bord des Asiana-Flugs von Seoul nach San Francisco herein. Noch Sekunden vor der Landung gab es in der Kabine keinerlei Anzeichen eines Problems. Benjamin Levy saß auf Sitz 30A in der Economy Class und erinnerte sich im Gespräch mit der New York Times an den Moment, als der schwer beschädigte Rumpf der Asiana-Boeing 777 endlich auf dem Gras neben der Landebahn zum Stillstand gekommen war: "Wir waren ganz auf uns allein gestellt, es gab keine Durchsagen vom Piloten, von der Besatzung war niemand zu sehen. Wir mussten uns gegenseitig helfen."

Levy und andere verhielten sich offenbar instinktiv richtig, forderten die anderen Insassen auf, ruhig zu bleiben und so schnell wie möglich über eine der Notrutschen die Maschine zu verlassen. Im vorderen, weniger beschädigten Teil des Jets sammelten die Insassen sogar vor der Evakuierung trotz draußen züngelnder Flammen ihr Handgepäck zusammen und nahmen es mit auf die Rutsche. "Das ist vollkommen gegen alle Regeln", sagt Andy Clubb. "Das verlangsamt die Evakuierung und sollte auf jeden Fall unterbleiben", mahnt der erfahrene Ausbilder und ehemalige Flugbegleiter.

Für Clubb gehören solche Schreckensszenarien zum Alltag. Er leitet in London-Heathrow die Trainingsabteilung von British Airways. Bei der großen Mehrzahl der Flugunfälle mit Todesopfern gibt es immer auch Überlebende. "Man kann selbst unglaublich viel tun", sagt Andy Clubb, "ein Großteil der Unfälle ist überlebbar, aber oft führen dann Verzögerungen bei der Evakuierung zu Todesfällen. Das Ganze ist eine Frage der Kontrolle, die man in einer solchen Situation behält." Und die zu verbessern, ist das Ziel des Flight Safety Awareness Course, eines Sicherheitskurses, den British Airways seit Kurzem auch für Einzelpassagiere anbietet. Jede größere Fluggesellschaft hat so etwas für ihre Besatzungen, doch die Airlines scheuen sich üblicherweise, das Publikum mit dem Thema Flugsicherheit zu konfrontieren. Lufthansa hält solche Kurse sogar grundsätzlich für unnötig. British Airways dagegen hat vor fünf Jahren den Anfang gemacht, als sie auf Druck von Großkunden aus der Mineralölbranche Kurse für deren Mitarbeiter anbot. Daraus ist ein für jedermann buchbares Training geworden.

"Ein ganz wichtiger Grundsatz ist, immer einen Plan zu haben, was man im Notfall tun würde", sagt Co-Trainerin Sue Thorne. "Schon beim Einsteigen ins Flugzeug gilt, die Zahl der Sitzreihen bis zum nächsten Ausgang vor und hinter dem eigenen Sitz zu zählen. Bei Rauchentwicklung muss man es notfalls ertasten." Entscheidend ist die richtige Notfallhaltung, die sogenannte Brace Position bei einer Bruchlandung. "Man nimmt den Kopf entweder auf die Knie oder dorthin, wo er sonst aufschlagen würde, etwa auf die Rückseite der Vorderlehne", erklärt Andy Clubb. Viele dieser Ratschläge haben die Passagiere von Asiana-Flug OZ 214 nicht beherzigt - weil sie nicht vorgewarnt waren. Entsprechend schwer sind die Verletzungen bei einigen Dutzend Fluggästen. "Im Zweifelsfall ist es immer von Vorteil, wenn die Passagiere besser über Sicherheit Bescheid wissen." Andy Clubb zumindest weiß, wovon er spricht.

© SZ vom 09.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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