Reisen digital:Surfen über den Wolken

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Ein Punkt, drei Wellen: das Wlan-Symbol, nach dem Flugreisende heute öfter suchen als nach dem Filmprogramm am Sitzmonitor. Illustration: Julia Franziska Kraus (Foto: Julia Kraus)

Ein Glas Wasser kostet extra - aber das drahtlose Internet gibt es umsonst. Immer mehr Airlines bieten Wlan in ihren Flugzeugen an. Nur eines ist immer noch nicht erlaubt.

Von Julia Höftberger

Die Billigflieger haben es vorgemacht, die arrivierten Airlines ziehen nach: Für Essen, Trinken, ja sogar für Gepäck und Sitzplatzreservierungen wird zusätzlich Geld verlangt. So wird das relativ günstige Ticket am Ende deutlich teurer, als der Grundpreis suggeriert. Ein vorbestelltes Drei-Gänge-Menü an Bord von Norwegian kostet beispielsweise 29 Euro. Umso mehr verwundert es, dass gerade die sogenannte Billigfluglinie Norwegian ihren Passagieren einen kostenlosen Wlan-Zugang bietet. Als sie 2011 damit begann, war sie sogar die erste und einzige europäische Fluggesellschaft mit einem solchen Gratis-Service. "Für uns hat sich diese Investition gelohnt", sagt Thomas Ramdahl, kaufmännischer Vorstand von Norwegian. Das kostenlose Wlan, das die Kunden sehr schätzten, sei eine gute Möglichkeit, sich von den Konkurrenten abzuheben.

Passagiere bringen ihre eigenen Geräte mit, so sparen Airlines bei der Bordunterhaltung

Das passt zu dem Ergebnis einer Studie, die das Unternehmen Juniper, weltweit der zweitgrößte Internet-Netzwerkausrüster, unlängst veröffentlicht hat. Demnach sind es ausgerechnet Billigairlines, die gratis Wlan im Flugzeug anbieten, obwohl dort sogar das Glas Wasser an Bord extra kostet. Da Passagiere zunehmend ihre eigenen Laptops und Tablets mitbrächten, so heißt es in der Studie, könnten Airlines bei der Unterhaltungselektronik an Bord Kosten einsparen. Der Verzicht auf Bildschirme verringere außerdem das Gewicht des Flugzeugs und somit den Treibstoffverbrauch. Ebenso würden die sinkenden Preise für die Einrichtung von Wlan die Bereitschaft der Airlines erhöhen, freies oder günstiges Internet anzubieten.

Obwohl viele Fluggesellschaften erkannt haben, dass ihren Kunden ein Internetzugang an Bord sehr wichtig ist, bietet bislang außer Norwegian nur die ebenfalls günstige US-amerikanische Airline Jet Blue frei und unbegrenzt zugängliches Wlan an. Ryanair will nach eigenen Angaben warten, bis der Einstieg "kostengünstig" ist. Auch Easyjet ist die Wlan-Technik an Bord momentan noch zu teuer.

Namhafte Fluglinien wie Emirates und Qatar Airways bieten zwar kostenfreies Internet, jedoch sind Zeit oder Datenvolumen begrenzt. Turkish Airlines öffnet sein Netz gar nur für Passagiere der Business Class. Bei deutschen Fluglinien wie der Lufthansa und Air Berlin liegt der Preis für Internet an Bord bei etwa neun Euro pro Stunde. Seit 2010 bietet Lufthansa ihr "FlyNet", also Wlan über den Wolken, an. Nach eigenen Angaben sind 107 Langstreckenflugzeuge bereits damit ausgerüstet. "Weil die Nachfrage so stark ist, wollen wir ab Oktober Wlan auch auf der Kurz- und Mittelstrecke einführen", sagt Lufthansa-Sprecherin Sandra Kraft. Das verbrauchte Datenvolumen der Passagiere auf Lufthansa-Langstreckenflügen sei im Zeitraum von Mai 2014 bis Mai 2015 von zwei auf sieben Terabyte gestiegen. Fluggästen scheint das drahtlose Internet an Bord fast wichtiger zu sein als Wasser, weshalb auch zwei der weltweit größten Fluggesellschaften, Delta Air und United Airlines, noch in diesem Jahr ihr Wlan-Angebot auf ihre gesamte Flotte ausweiten wollen.

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Über die Verfügbarkeit von Wlan auf dem jeweiligen Flug informieren die Webseiten der Airlines oder auch Flugsuchmaschinen: Google Flights etwa weist mit einem kleinen Icon auf Flüge mit Internet hin. Bei der Lufthansa zeigt ein Hotspot-Symbol vor Abflug in der Flugzeugkabine an, dass Wlan verfügbar ist. Bei manchen Fluglinien muss man eine App installieren, um auf das Netz zugreifen zu können - etwa bei Air Berlin. Hat das funktioniert, kann sich der Passagier ab einer Flughöhe von 10 000 Fuß (etwa 3000 Meter) über ein Portal einloggen, um mit Laptop, Tablet oder Smartphone zu surfen. Inhalte können mit maximal 80 Megabit pro Sekunde heruntergeladen werden - so sind prinzipiell alle Onlinedienste nutzbar; nur bei Streamingseiten kommt es laut Lufthansa bisweilen zu Verzögerungen. Dass die Fluggäste auch übers Internet telefonieren, ist bei den meisten Fluggesellschaften unerwünscht - man befürchtet, dass es ansonsten Ärger mit Mitreisenden gibt, die wenigstens an Bord eines Flugzeugs von den allgegenwärtigen Handygesprächen verschont bleiben wollen.

Die Verbindung über den Wolken wird über die Flugzeugantenne via Satellit hergestellt. Die Daten werden dabei über einen internen Wlan-Router übertragen. Die dabei entstehende Signalstärke sei gering und stelle keine Gefahr für die Bordelektronik dar, versichert Florian Seidel, Pressesprecher von Airbus. Anders verhalte es sich mit dem Mobilfunk der Handys. Er könne mit den Bordgeräten interferieren. "Handys schalten beim Verlassen einer Funkzelle auf maximale Sendeleistung, um so doch noch eine Verbindung herzustellen", so Seidel. Diese starke Strahlung stelle anders als Wlan ein potenzielles Risiko dar.

"Wlan wird vor allem von Geschäftsreisenden sehr gut angenommen", sagt Air- Berlin-Sprecher Tobias Spaeing. Die Fluggesellschaften sehen im Internetangebot einen Marktvorteil. Juniper prognostiziert, dass sich die weltweite Zahl von heute rund 3200 internetfähigen Flugzeugen bis 2020 verdreifachen wird. Wer im Flugzeug sitzt, wird also in Zukunft weiterhin Luftlöcher erleben, Funklöcher dürften jedoch bald der Vergangenheit angehören.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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