Italien: Tarot-Garten:Das Orakel der Niki de Saint-Phalle

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Die französische Künstlerin schuf gemeinsam mit ihrem Partner Jean Tinguely den "Giardino dei Tarocchi", einen zauberhaften Garten inmitten der toskanischen Landschaft.

Peter Baumgartner

Vor uns erhebt sich eine gewaltige Gestalt mit ungeheuren Brüsten. Die "Herrscherin", Mutter aller Lebenskraft. Ihre Keramikkachelhaut glänzt in allen Farben, ihr Busen gleicht einer Blume mit geöffneten Blüten.

(Foto: Foto: Baumgartner)

Neben ihr quält sich der "Gehängte". Ein Fuß ist ans Kreuz gebunden, sein Kopf fällt nach unten. Der überdimensionale Mund einer anderen Skulptur speit Wasser auf die Stufen eines Brunnens. Der "Hohepriester" mit seinen dicken roten Lippen, trägt auf der Stirn das dritte, mystische Auge. Der "Magier", aber auch der "Tod", sind mitten unter uns.

Eine skurrile Welt eröffnet sich am Tyrrhenischen Meer, wo die Toskana an Latium grenzt. Wir sind im Tarot-Skulpturen-Park der französischen Malerin und Bildhauerin Niki de Saint-Phalle. In der Maremma, 80 Kilometer südlich von Grosseto bei Pescia Fiorentina, hat sie gemeinsam mit ihrem langjährigen Freund Jean Tinguely in 15jähriger Arbeit ein imposantes Werk geschaffen: Den "Giardino dei Tarocchi", einen zauberhaften Garten mit riesigen bunten Skulpturen inmitten von Olivenbäumen, Korkeichen und Kräutern.

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Die 22 überlebensgroßen Polyesterfiguren sind den Tarot-Karten nachempfunden. Die Skulpturen, erklärt die Künstlerin, wollen "nicht traurig und trübsinnig, aus Bronze und Stein", sondern bunt und monumental sein.

Am Eingang des Parks, der seit 14. Mai besichtigt werden kann, wacht die "Hohepriesterin", die Lebenskunstverkörpert. Im Turm, der den Ausbruch aus beengten Verhältnissen, aus verkrusteten Verhaltensweisen symbolisiert, wohnt die Künstlerin selbst. Mitten in ihrem phantastischem Wunderwerk zwischen Kunst und Kitsch, Magie und Hokuspokus.

Alle 22 Figuren stehen für einen Begriff: Der "Narr" für Offenheit, der "Magier" für Initiative, der "Gehängte" für Krisen, der "Tod" für den Abschied. Der "Teufel" symbolisiert das Dunkle, der "Mond" Angst und Furcht, die "Liebenden" Entscheidung. Die "Welt" steht für das Ziel und das "Gericht" verheißt Erlösung. All diese Figuren bilden in ihrer Gesamtheit ein monumentales, in Stein gehauenes Kartenorakel.

In Stein hat sich die 67jährige Niki de Saint-Phalle damit auch ihr Credo meißeln lassen: dass "wir geboren worden sind, ohne die Regeln der Welt zu kennen".

Informationen zu Giardino dei Tarocchi: Pescia Fiorentina, Capalbio; provincia de Grosseto (58100), Tel.: 0039-0564895122, Fax: 0039-0564895093. Anreise:Von Siena auf der S223 und weiter auf der S1 etwa 150 Kilometer über Grosseto bis Capalbio, Pescia Fiorentina. Öffnungszeiten: bis 20. Oktober täglich 14.30 bis 19.30 Uhr; Eintritt: Erwachsene 20.000 Lire, Kinder und Senioren 12.000 Lire.

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