Hotel Fatal:Bahn frei, Bademantel!

Lesezeit: 3 min

Das richtige Tragen von Hotelbademänteln ist eine Kunst für sich. Und warum nur begegnet man immer dann japanischen Geschäftsfrauen, wenn man gerade in Poolgarderobe durch die Gänge schleicht?

Max Scharnigg

Aus der Anwesenheit eines Bademantels im Hotelzimmer schließt der mündige Gast, dass sich irgendwo im Haus noch ein Becken befinden muss. Eines das größer ist als jenes, in dem er gerade seine Socken gewaschen hat. Das ist eine hübsche Sache, denn einige erfrischende Bahnen im Pool können, wie jeder weiß, zur Zuckerglasur einer Kurzreise werden.

(Foto: Foto: iStock)

Nach dieser ersten Verheißung, wirft die Beziehung zwischen Gast und Frottee-Anzug aber auch gleich Schwierigkeiten auf. Zum einen liegen sie im Mantel selber, der meist seinen Unisex-Charakter nicht leugnen kann. Es sitzt das gestärkte Ding wahlweise knapp wie ein Judo-Oberteil, oder aber es verschluckt seinen Träger in einer Art, dass dieser wie eine laufende Lawine aussieht.

Zum anderen legt der Bademantel im Zimmer nahe, dass dies die vom Hotel vorgesehene Kleiderordnung für Pool-Besucher ist und sein Anlegen quasi trocken zu erfolgen hat. Dieses trockene Anziehen von Bademänteln erfüllt nicht wenige Menschen mit der gleichen Ungemütlichkeit, wie das erzwungene Ablegen auf Arztliegen in Straßenkleidung zum Zwecke läppischer Untersuchung.

Drei Disziplinen: Flur, Aufzug, Konversation

Zum richtigen Tragen von Hotelbademänteln gibt es leider noch kaum Fachliteratur. Fest steht, dass viel vom Gürtel abhängt. Dieser ist richtig zu binden: Nicht zu stramm, so dass obere und untere Stoffbereiche gleichsam abgeschnürt aufwulsten, aber auch nicht zu lässig, denn sonst verliert er seinen taillierenden Segen und wirkt wie eine Vorhangkordel. Das Hervorstehen von nackten Beinen lässt sich leider in keinem Fall vermeiden.

Diese Überlegungen sollen hier nur angestrengt sein, weil dem Gast nun mal die Lust nach einem Kopfsprung steht und er dafür bereit ist, sogar den Bademantel-Triathlon auf sich zu nehmen, in den Disziplinen: Flur, Aufzug, Konversation.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, mit welcher Strategie Sie am besten ungestört im Bademantel zum Hotelpool gelangen.

Falls es sich bei dem gewählten Haus nämlich nicht um ein ausgesprochenes Wellnesshotel handelt, ist seine Durchquerung in Poolgarderobe ein delikates Unterfangen. Es gehört zu den ungeschriebenen Hotelgesetzen, dass sobald man bademantelig, mit zu kleinen Einwegschlappen an den Füßen und einem Handtuch um den Hals, auf den Gang tritt, eine Abordnung japanischer Geschäftsfrauen aus dem Aufzug quillt.

(Foto: Foto: privat)

Ist das Zimmer noch in Reichweite, empfiehlt sich ungeordneter Rückzug in selbiges. Wenn nicht, sollte man so selbstbewusst als möglich mitten durch den kreischenden Business-Haufen spazieren und dabei schielend Beschwörungsformeln murmeln. Das wirkt sakral und mönchisch, vor allem in Verbindung mit den zu kleinen Schlappen.

Musterung durch Frau mit Dutt

Ein geistlicher Einschlag schadet ohnehin nicht, denn einmal im Aufzug angelangt, empfiehlt sich ein Stoßgebet zu St. Cosmas und Damian, den Schutzheiligen der Bader. Mögen sie verhindern, dass auf der Fahrt zum Pool noch Menschen in Erwachsenenkleidung den Anzug stoppen!

Es betreten den Aufzug in Folge aber mindestens eine Familie aus Texas, ein dicker Italiener im blauen Anzug und eine alte Frau mit Duttfrisur. Jede dieser drei Parteien hat ihre ganz eigene, zauberhafte Art, einen Bademantelträger zu mustern.

Nach der ersten Verwunderung pflegen die Aufzugpassagiere andächtig zu Boden zu blicken, wo die nackten Füße eines Einzelnen inzwischen halbschief aus den Schlappen gerutscht sind und ein recht klägliches Bild abgeben.

Und immer trifft man auf Schulklassen

Die letzte Phase ist schließlich mit leicht aufgelöstem Herumirren im Eingangsbereich des Hotels erreicht. Hier überzeugen sich Schulklassen, Honoratioren und strenge Portiers noch mal ausgiebig vom Sitz des Bademantels, bevor einer auf Nachfrage von Letzteren abfällig den Weg zu einer Treppe weist, über der ein klitzekleines "Blue-Ocean-DreamSpa"-Schild hängt.

Das immerhin, hat sich der Bademantelträger jetzt redlich verdient.

Hier ist der Bademantel König: Im Hotel Jagdhof im Stubaital gibt es nicht nur ein umwerfendes Spa, sondern auch einen eigenen Aufzug dorthin. SpaHotel Jagdhof, Scheibe 44, Neustift, Stubaital, Österreich, +43 (0) 5226 - 2666, Preise ab 135 Euro pro Person und Nacht mit Halbpension.

Max Scharnigg, 28, arbeitet als Journalist in München und ist Mitglied der jetzt.de-Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Seine Wochenenden verbringt er am liebsten in interessanten Hotelzimmern mit Bad oder Dusche.

© sueddeutsche.de/lpr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: