Gletscherwunder:Bahnfahrt ins ewige Eis

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Die Aussicht ist herrlich, die Preise stattlich: Eine Fahrt mit der Jungfraubahn, Europas höchster Zahnradbahn.

An verrückten Ideen mangelte es den Eidgenossen im 19. Jahrhundert nicht, man dachte sogar über eine Beförderung nach dem Rohrpostsystem nach. Schließlich einigte man sich doch auf die Zahnradbahn: 1896 wurde mit dem Bau mitten durch den Fels von Eiger und Mönch begonnen.

Panorama im Vorbeifahren: Die Jungfraubahn klettert bis auf 3454 Meter Meereshöhe in die Gletscherwelt der Schweiz. (Foto: Foto: Jungfraubahn)

Der Zielbahnhof - rekordverdächtig aber nicht am Gipfel

Der Initiator Adolf Guyer-Zeller, ein Zürcher Textilunternehmer, hatte sieben Jahre für die Arbeiten am Tunnel veranschlagt, am Ende wurden es fast 16. Das eigentliche Ziel, der Gipfel der Jungfrau, blieb trotzdem unerreicht: Bis heute liegt die Endstation der Bahn auf dem Jungfraujoch in 3454 Metern Höhe. Zum europäischen Rekord reicht das allemal, kein Wunder also, dass der Name des Berghauses "Top of Europe" lautet.

Rund 500 000 Besucher lassen sich Jahr für Jahr in die stürmische Höhe befördern. Die Jungfraubahn hat sich trotz der für damalige Verhältnisse astronomischen Baukosten von 15 Millionen Franken als finanzieller Erfolg erwiesen und gilt als eine der rentabelsten ihrer Art. Die stattlichen Beförderungstarifen sind daran nicht ganz unschuldig: Hin- und Rückfahrt ab Bahnhof Kleine Scheidegg oberhalb von Wengen und Grindelwald kosten 99 Franken, also rund 67 Euro. Ab Interlaken Ost summieren sich die Fahrtkosten auf 162,80 Franken.

Im Gegenzeug bekommen die Passagiere ein Panorama geboten, das an guten Tagen bis in die Vogesen und in den Schwarzwald reicht. Direkt vor den Füßen schlängelt sich wie ein Meer aus Zuckerwatte der Große Aletschgletscher dahin, der Ende 2001 in das Unesco-Weltnaturerbe aufgenommen wurde. Welche bizarre Formationen das nicht mehr ganz so ewige Eis manchmal ausbilden kann, lässt sich schon während der Fahrt mit der Jungfraubahn bestaunen: An zwei Haltepunkten wurden Fenster in den Fels geschlagen, die einen Ausblick auf den Eigergletscher und die erstmals 1938 bezwungene Eiger-Nordwand erlauben.

Gletscherwunderwelt auf 4000 Meter Meereshöhe

Am Jungfraujoch starten Touren zum 4099 Meter hohen Mönch, dem alpinistisch genügsamen Mittelpunkt des Dreigestirns Eiger-Mönch-Jungfrau. Auch Schlittenfahrten mit Polarhunden können im Sommer auf dem Aletschgletscher unternommen werden. Die Ahnen dieser Tiere wurden noch mit Unterstützung des norwegischen Polarhelden Roald Amundsen in Grönland angeschafft. Das fünfstöckigen Berghaus "Top of Europe" beheimat mehrere Restaurants und eine Poststelle, die sich genau wie die Bahnstation als höchste in Europa bezeichnet.

Die größte Attraktion am Jungfraujoch ist aber neben der Aussicht der Eispalast mit seinen labyrinthartigen Stollen und kunstvollen Eisskulpturen. Zwei einheimische Bergführer haben ihr Meisterwerk mit Pickel und Säge in den dreißiger Jahren aus dem ewigen Eis geformt. Ein unvollendetes Werk, da der Palast die Tendenz hat, zusammen mit dem Jungfraugletscher ins Tal zu fließen. Auch an den Adlern, Bären und Pinguinen aus Eis wird permanent nachgeschliffen, ihnen macht die Körperwärme der vielen Besucher zu schaffen. Der Eispalast muss trotz einer mittleren Außentemperatur von minus acht Grad künstlich gekühlt werden.

Das geht immerhin ohne größere Energieverschwendung ab, da die entzogene Wärme der Heizung des Berghauses dient. Auch die Jungfraubahn selbst gibt sich umweltfreundlich: Ihre Bremsenergie wird in Strom umgesetzt und in die Fahrleitung zurückgegeben. In solch kleinen Triumphen erschöpft sich heute die eidgenössische Ingenieurskunst an Eiger, Mönch und Jungfrau. Die ganz verrückten Zeiten sind für die Schweizer eben doch vorbei.

Quellen: sueddeutsche.de/dpa

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