Galizien:Die Rückkehr an die Küste des Todes

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Drei Jahre nach der "Prestige"-Katastrophe kommen wieder Touristen an die Küste Galiziens. Doch die Folgen der schwarzen Ölpest sind noch nicht überwunden.

Der kleine Ort ist kaum wiederzuerkennen. Muxía an der Nordwestküste Spaniens war beim Untergang des Öltankers "Prestige" vor drei Jahren zu einem Symbol für die größte Umweltkatastrophe in der spanischen Geschichte geworden.

Statt Schlamm wie vor drei Jahren befinden sich nun wieder Touristen auf den Straßen von Muxía. (Foto: Foto: dpa)

Die Wogen des Atlantiks hatten den Ölschlamm aus dem gesunkenen Schiff bis in die Straßen der Kleinstadt geschwemmt. Das schwarze, klebrige Schweröl war bis oben an die Leuchtkörper der Straßenlaternen gespritzt. Heute hat Muxía eine neue, blitzblanke Strandpromenade mit gepflegten Parkanlagen.

Am 19. November war es genau drei Jahre her, dass der mit 77.000 Tonnen Schweröl beladene Tanker vor der Küste der Region Galiziens in zwei Teile zerbrach und mit seiner giftigen Fracht versank.

Strände von Portugal bis Südwestfrankreich wurden verseucht. Mehr als 250.000 Seevögel verendeten - das größte Vogelsterben in der Geschichte Europas.

Fließen des Geldes

Muxía, das einstige Zentrum der Katastrophe, ist heute zu einem Symbol für den Neubeginn geworden. Überall wird gebaut. Die Hilfen für die Opfer der Ölpest brachten Geld in die Stadt.

Die Gegend an der - bei Seefahrern berüchtigten - Costa da Morte (Todesküste) lockt wieder Urlauber an. "Die Besucher sind längst keine Katastrophentouristen mehr", sagt ein Branchenexperte. "Die Todesküste ist mit ihren landschaftlichen Schönheiten zu einem touristischen Markenzeichen geworden."

Dabei sind die Folgen der schwarzen Ölflut noch nicht überwunden. Bei schwerem Seegang spülen die Wellen an manchen Stränden zuweilen vom Sand bedeckte Ölreste an die Oberfläche. Die Fischer klagen darüber, dass ihre Fänge seit 2002 um bis zu 40 Prozent zurückgegangen seien.

Die Justiz hat auch nach drei Jahren noch keinen Schuldigen ausgemacht. Die Richter im Städtchen Corcubión, die sich normalerweise mit Erbstreitigkeiten und Scheidungsfällen befassten, schienen mit den Ermittlungen überfordert.

Aber nun, so heißt es, könnte die Anklage bald fertig sein. Die Ermittler machten fünf "Verdächtige" ausfindig: den griechischen Kapitän, den Ersten Offizier und den Maschinisten des Tankers sowie einen Manager der Reederei und den damaligen Chef der Hafenbehörde.

Suche nach den Schuldigen

Gegen Mitglieder der damaligen spanischen Regierung von Ministerpräsident José María Aznar wird nicht ermittelt. Der Regierung war im Europaparlament vorgeworfen worden, das Ausmaß der Katastrophe noch vergrößert zu haben.

Die spanischen Behörden hatten damals angeordnet, den leckgeschlagenen Tanker aufs offene Meer hinauszuschleppen, statt ihn in einen Hafen zu bringen.

Neben den Ermittlungen in Spanien läuft ein zweites Verfahren in den USA. Dort hat der spanische Staat das American Bureau of Shipping (Amerikanisches Schifffahrtsbüro/ABS) auf eine Milliarde Euro Schadenersatz verklagt.

Der Preis der Nachlässigkeit

Das ABS hatte der "Prestige" die Seetauglichkeit bescheinigt, obwohl sich der Tanker nach einem Bericht der spanischen Regierung in einem verheerenden Zustand befunden hatte. Bei den Kontrollen sei geschlampt worden, die Schiffsmotoren seien monatelang nur im Notbetrieb gelaufen, heißt es.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bemängelt, dass bis heute noch keine Regelung gefunden wurde, die dafür sorgt, dass bei solchen Katastrophen die Verantwortlichen für die Schäden aufkommen.

Die Initiative "Nunca Más" (Nie wieder), die sich für einen effektiven Schutz der Küsten einsetzt, befürchtet gar: "Der Countdown für die nächste Katastrophe läuft bereits."

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