Islands menschliche Suchmaschine:"Was hat es mit den Elfen auf sich?"

Guðmundur Magnús Kristjánsson

Ergrautes Haar, sexy Stimme: Guðmundur Magnús Kristjánsson.

(Foto: The Brooklyn Brothers)

Der 59-jährige Isländer Guðmundur Magnús Kristjánsson macht Google Konkurrenz - er arbeitet als menschliche Suchmaschine und beantwortet Touristenfragen.

Von Laura Hertreiter

Die Welt hat eine neue Suchmaschine. Seit knapp zwei Monaten sitzen sieben Isländer vor Kameras und beantworten im Dienste ihres Landes unter dem Hashtag #AskGuðmundur Islandfragen über Facebook, Twitter und Youtube. Und in diesem Fall ausnahmsweise telefonisch.

SZ: Guten Morgen, spreche ich mit Guðmundur Magnús Kristjánsson?

Guðmundur Magnús Kristjánsson: Ja, der bin ich. Guðmundur genügt aber. Ist einfacher. Meine sechs Kollegen heißen ja auch alle Guðmundur oder Guðmunda.

Quatsch!

Kein Quatsch. Das war ein Einstellungskriterium. Als menschliche Suchmaschine konnten sich nur Menschen mit unserem traditionellen, isländischen Namen bewerben.

Wie viele Isländer heißen denn so?

4303. Von 329 100 Isländern insgesamt.

Guðmundur ist nur leider nicht so leicht auszusprechen.

Das stimmt, ein bisschen wie ein d, ein bisschen wie ein englisches "th", da verrenkt man sich leicht die Zunge. Aber da haben wir hier noch viel monströsere Wörter.

Eyjafjallajökull zum Beispiel, den berühmten Vulkan?

Hey, nicht schlecht. Auswendig gelernt?

Aufnahmetest zur Journalistenschule.

Offensichtlich kein mündlicher Test. Man spricht das nämlich am Schluss mit D. Ist aber tatsächlich eines unserer schwierigsten Wörter. Das liegt auch daran, dass in das Wort drei Begriffe gepresst wurden: Eis, Berge, Gletscher.

Das steht exakt so bei Wikipedia. Warum sollen die Leute sich für Island-Informationen überhaupt an Sie wenden, statt schnell zu googeln?

Ist doch viel netter, nicht so anonym. Ich kann immer ein paar Anekdoten und Tipps mitliefern. Unterhaltsamer als der Wikipedia-Datenwust bin ich allemal.

Gut, ein Test. Was hat es auf sich mit den Elfen in Ihrem Land?

Puh, da erwischen Sie mich jetzt doch mit einer schwierigen Frage. Manche Isländer sind davon überzeugt, dass an unseren Küsten Elfen und Trolle leben. Andere glauben nicht daran.

Wie beim Weihnachtsmann?

Na hören Sie mal, den gibt es ja wohl wirklich! Um den kommt man im Dezember gar nicht herum, selbst wenn man wollte. Elfen hingegen sieht man nur, wenn man fest genug daran glaubt. Viele erwachsene Isländer sagen, sie hätten sie in ihrer Kindheit sehen können.

Sie auch?

Nein, aber mein Vater. Der hat mir von klein auf beigebracht, dass man vor diesen Geschöpfen Respekt haben muss. Versuchen Sie übrigens mal, solche Nachfragen bei Wikipedia zu stellen. Pah, die können dort einpacken.

Wie viele Fragen haben Sie bisher beantwortet?

Ich allein? Mehr als hundert. Bei meinen Kollegen sind es sicher nicht weniger.

Und woher wissen Sie all die Antworten?

Ich bin eigentlich Hafenmeister. Touristenfragen bin ich von den Kreuzfahrtreisenden dort gewöhnt. Ich will ja nicht unbescheiden sein, aber seit ich den Leuten dort von unserem Land erzähle, ist die Zahl der Schiffe, die hier jedes Jahr anlegen, eklatant gestiegen.

Die Frage nach dem schönsten Ort in Island ist bestimmt unter den Top Ten?

Nein, lustigerweise fragen die meisten Leute nach den fotogensten Orten. Nach Plätzen, an denen sie das beste Bild knipsen können. Ich kann mich bei der Antwort nicht entscheiden und sage immer was anderes.

Welcher Ort ist besonders unfotogen?

Wir haben hier nichts zu verbergen. Wenn Sie genug Geld haben, sollten Sie am besten das ganze Land anschauen.

Schon mal bei einer Antwort geflunkert?

Zumindest nicht in diesem Spiel, wenn man es so nennen darf. Da gibt es ja kein richtig und falsch. Da geht es eher um die Einschätzung echter Isländer. Hoffe ich zumindest.

Fragen die Leute manchmal Blödsinn?

Blödsinn nicht, aber bisweilen sehr merkwürdige Dinge. Kürzlich fragte eine Amerikanerin, wo sie in Island am besten den Mann ihres Lebens kennenlernen könnte.

Wo denn?

An den Westfjorden, habe ich geantwortet. Dort sitzt er vermutlich gerade, nach Rosen duftend, eine Tasse Rotwein neben sich, leicht ergrautes Haar, gut aussehend - und beantwortet mit einer atemberaubend sexy Stimme die Fragen einer Amerikanerin über Island.

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