Digitalisierung:Für immer verbunden

Lesezeit: 2 min

Ob bei der Buchung oder unterwegs auf Reisen: Das Geschäft mit dem Tourismus verlagert sich immer mehr vom Analogen auf die digitalen Kanäle.

Von Stefan Fischer

Die Nachricht schien nicht in die Zeit zu passen: Vor zwei Jahren hatte die Anzahl der Reisebüros in Deutschland zugenommen. Bedeutete das eine Rückkehr der Reisenden in die analoge Vergangenheit? Heute weiß man: Das war ein Ausreißer in der langfristigen Entwicklung, längst werden die Reisebüros wieder weniger. Noch wird die Mehrzahl der Urlaubsfahrten am Telefon oder eben in Reisebüros gekauft. 38 Prozent der Urlauber aber haben 2016 online gebucht. Das geht aus der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) hervor. Die Prognose der FUR: 2020 wird sich das Verhältnis umdrehen, von da an wird die Zahl der Online-Buchungen die der analogen übertreffen.

Dementsprechend verlagert sich das Tourismus-Marketing auf digitale Kanäle. Der Branchenverband Bitkom, der 2400 Unternehmen der digitalen Wirtschaft vertritt, hat bei einer repräsentativen Befragung erhoben, dass sich ein Drittel der Social-Media-Nutzer in diesen Netzwerken schon mindestens einmal zu einer Urlaubsreise hat inspirieren lassen. Die Anregungen kommen mehrheitlich von Freunden, aber auch von Youtubern, Bloggern und sogenannten Social Influencern - Personen, die aufgrund ihrer Präsenz und ihres Ansehens in sozialen Netzwerken als (Schleich-)Werbebotschafter auftreten. Sowie von touristischen Unternehmen direkt über ihre Präsenz bei Facebook, Instagram, Twitter et cetera, deren Inhalte dann geteilt werden.

Digitale und virale Werbung zielt im besten Fall auf die Vorlieben und Wünsche eines Einzelnen. Die Rolle des Beraters im Reisebüro, der die Interessen seiner Stammkunden kennt, soll beim Online-Verkauf von Reisen die neueste Analyse-Software übernehmen. Dazu müssen mithilfe von Big-Data-Technik möglichst genaue Profile erstellt werden, um potenziellen Kunden inhaltlich und auch situativ maßgeschneiderte Angebote zu machen. Im Tourismus sind die Kundendaten dafür derzeit aber nicht ausreichend vernetzt: Veranstalter, Hotels oder Fluglinien teilen ihre als Betriebsgeheimnisse angesehenen Daten bislang nicht miteinander. Das Potenzial individualisierter Angebote im Digitalvertrieb von Reisen wird noch nicht ansatzweise ausgeschöpft.

Ausgereifter ist die digitale Technologie, wenn sie der Reisebegleitung dient. Aufgrund der hohen Verbreitung von Smartphones mit ständiger Verbindung zum Internet und dazu dem Wegfall der Roaming-Gebühren in der EU von Mitte Juni an können Reisende inzwischen zur richtigen Zeit die richtige Information erhalten. Es gibt Apps, die auf Verkehrsfluss-Daten zugreifen und einen informieren, wann man zum Flughafen aufbrechen soll, die einen überdies zu einem freien Platz im Parkhaus lotsen und die Zeit berechnen, die man für den Sicherheits-Check benötigen wird. Am Urlaubsort spielt dann die sogenannte Augmented Reality eine zunehmende Rolle. Der Urlauber wird über GPS geortet und bekommt Texte sowie vermehrt auch Bilder, Videos und Audios aufs Smartphone oder eine spezielle Brille geschickt, die ihn über seine unmittelbare Umgebung informieren. Das kann Sehenswürdigkeiten genauso betreffen wie kommerzielle Angebote von Restaurants und Geschäften.

Einige Veranstalter geben an ihre Gäste inzwischen Armbänder mit Funkchips aus. Auf Kreuzfahrtschiffen können die Passagiere darüber Menüs ordern oder Einkäufe verbuchen lassen - Dienstleistungen werden zunehmend digital organisiert, die Sender sind die Verbindung an die virtuelle Rezeption. Grundsätzlich übernehmen immer mehr Maschinen Dienstleistungen. Einige Hotels testen bereits Roboter am Empfang. Und natürlich benutzen auch Tourismus-Unternehmen Chatbots: Computerprogramme, die digitale Anfragen automatisiert bearbeiten und mit dem Kunden über Chatprogramme kommunizieren.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: