Wikileaks-Gründer:Britische Polizei verhaftet Julian Assange

Die Flucht des Gründers der Enthüllungsplattform Wikileaks ist beendet: Die britische Polizei hat Julian Assange in London verhaftet. Gegen ihn liegt ein schwedischer Haftbefehl vor. Dem 39-Jährigen wird die Vergewaltigung zweier Frauen vorgeworfen.

Die Flucht ist beendet. Seit der Enthüllung der amerikanischen Botschafts-Depeschen durch die von ihm gegründete Internetplattform Wikileaks war Julian Assange in der Öffentlichkeit nicht mehr gesehen worden. Nun wurde der 39 Jahre alte Australier verhaftet, als er zu einem vereinbarten Treffen auf eine Londoner Polizeistation kam. Scotland Yard bestätigte entsprechende Berichte britischer Medien. Er werde im Laufe des Tages einem Gericht in London vorgeführt, das über seine Auslieferung nach Schweden entscheiden könnte.

Assange wird in Schweden wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung gesucht. Gegen ihn liegt ein EU-weiter Haftbefehl vor. Assange vermutet dahinter eine Kampagne der US-Regierung, um ihn mundtot zu machen.

Auch sein Anwalt hatte die Anschuldigungen zuvor als "politischen Trick" bezeichnet - und der britischen Polizei ein Treffen mit Assange angeboten. Dabei sollten offene Fragen geklärt werden.

Obwohl der britischen Polizei der Aufenthaltsort des früheren Hackers seit längerem bekannt gewesen sein soll, war es zunächst nicht zu einer Festnahme gekommen. Der Grund war ein fehlerhafter Haftbefehl der schwedischen Behörden.

Eine mit rechtlichen Fragen zwischen den schwedischen und britischen Behörden vertraute Person sagte, die britischen Behörden hätten einen Haftbefehl gegen Assange mindestens zweimal an die Schweden zurückgesandt, weil er nicht hieb- und stichfest gewesen sei. Zuletzt hatten die schwedischen Strafverfolgungsbehörden mitgeteilt, dass der britischen Polizei nun alle Informationen vorlägen, die für eine Festnahme Assanges nötig seien.

Furcht vor Auslieferung an die USA

Anwalt Mark Stephens hatte in den vergangenen Tagen mehrfach gesagt, der Haftbefehl sei eine Farce. Er werde alles tun, um die Auslieferung seines Mandanten nach Schweden zu verhindern. Stephens befürchtet, das skandinavische Land könnte Assange in die USA ausliefern.

Jennifer Robinson, eine weitere Anwältin des Australiers, sagte nun, sie vertraue darauf, dass ihr Mandant in Großbritanien einen fairen Prozess erhalten werde. In den USA allerdings gingen die Chancen dafür "gegen Null". Die Anwälte wollen offenbar erreichen, dass Assange gegen Zahlung einer Kaution bald wieder auf freien Fuß gesetzt wird.

Laut Medienberichten wird Assange noch heute eine Videobotschaft veröffentlichen. Für die australische Tageszeitung The Australian hat der Wikileaks-Gründer einen Artikel verfasst, der ebenfalls im Laufe des heutigen Tages öffentlich gemacht werden soll.

Ein Sprecher von Wikileaks teilte über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, die Festnahme sei ein Angriff auf die Pressefreiheit. Das weitere Vorgehen der Organisation werde dadurch aber nicht gestört.

Assanges Heimatland Australien kündigte unterdessen an, er könne bei einer Festnahme im Ausland konsularische Hilfe in Anspruch nehmen. Die Regierung sei aber auch verpflichtet, bei den internationalen Ermittlungen gegen Assange zu helfen.

Assange muss um weitere Spenden fürchten

Derweil muss Assange um seine persönliche Geldversorgung und die seiner Plattform fürchten. Die Nachrichten-Website CNET berichtete am Montag, Zahlungen an Wikileaks über Mastercard seien nicht mehr möglich. Grund sei die Regel, wonach Kunden gesperrt würden, die "illegale Handlungen direkt oder indirekt unterstützen oder erleichtern", sagte ein Sprecher der Kreditkartenfirma demnach.

Zuvor hatte die Schweizer Bank Postfinance bekanntgegeben, Assanges Konto wegen falscher Adressangaben zu schließen. Eine Überprüfung der von Assange bei der Kontoeröffnung angegebenen Adresse in Genf habe gezeigt, dass diese falsch sei, teilte Postfinance mit. Da Assange keinen Wohnort in der Schweiz nachweisen könne, erfülle er nicht die Geschäftsbedingungen der Bank zur Führung eines Kontos.

Assanges Anhänger reagierten prompt: Hacker griffen offenbar die Webseite von Postfinance an. Das Unternehmen registrierte eine hohe Last auf seinen Servern. Das gab ein Sprecher am Dienstag bekannt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: