Washington:Donald Trump und der "stolzeste Moment"

Lesezeit: 3 min

Seine Berater warnten ihn vor einem Treffen mit Nordkoreas Diktator. Doch er will Geschichte schreiben.

Von Christian Zaschke

Im Grunde hält John Bolton, der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, wenig von einem Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un. Bolton gilt als treibende Kraft hinter der ursprünglichen Absage des Treffens. Am Mittwoch, einen Tag bevor Trump die Zusammenkunft in einem Brief an Kim zunächst bis auf Weiteres verschob, hatte er dem Präsidenten seine Sicht der Dinge noch einmal dargelegt. Er warnte, dass Trump sich politisch blamieren könne, falls bei dem Treffen nichts Substanzielles erreicht werde. In diesem Falle könne es Kim als PR-Erfolg für sich verbuchen, den amerikanischen Präsidenten getroffen zu haben, ohne dafür im Gegenzug nennenswerte Zugeständnisse zu machen.

Trump ließ sich überzeugen, doch dass er den Gipfel ungern absagte, ließ sich an den Stellen des Briefes ablesen, in denen er die Tür weit offen ließ. "Zögern Sie nicht, mich anzurufen oder mir zu schreiben", teilte er Kim mit. Mit Erleichterung reagierte der Präsident, als Nordkorea äußerst maßvoll auf die Absage reagierte. "Das war ein sehr schönes Statement, das sie veröffentlicht haben", sagte er, "wir sind in Gesprächen. Sie wollen es (das Treffen, d.Red.) unbedingt machen. Wir wollen es machen. Wir werden sehen, was passiert." Dass man mal sehen werde, was passiere, ist eine von Trumps Lieblingsphrasen.

Dass er trotz der Warnungen von Sicherheitsberater Bolton so sehr an einem Treffen interessiert ist, hat viel damit zu tun, dass sowohl einige republikanische Parteifreunde wie auch Südkoreas Präsident Moon Jae-in nahegelegt hatten, Trump könne für seine Bemühungen um Annäherung und Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel mit dem Friedensnobelpreis geehrt werden. Diese Idee geht dem Präsidenten nicht mehr aus dem Kopf. Er ist bekanntlich offen für Schmeicheleien, und der Nobelpreis wäre die ultimative Schmeichelei für sein Ego. Einer seiner Anwälte, der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, sagte kürzlich, es werde "der stolzeste Moment" sein, wenn Trump den Nobelpreis erhalte.

Ein Gipfel am 12. Juni? "Das ist quasi in zehn Minuten", sagt ein Mitarbeiter des Weißen Hauses

Auch Bolton hat mittlerweile eingesehen, dass diese Aussicht Trump elektrisiert, weshalb er laut Regierungskreisen nicht mehr versuche, ein Treffen zu unterminieren oder, was aus seiner Sicht noch besser wäre: zu verhindern. Er versuche hingegen sicherzustellen, dass Nordkorea bereit sei, möglichst weitreichende Zugeständnisse zu machen.

Im vergangenen Monat hatte er Libyen als Beispiel dafür genannt, wie eine Entwaffnung des nordkoreanischen Regimes aussehen könne. Das kam in Pjöngjang denkbar schlecht an. Es ist davon auszugehen, dass Bolton diese Verärgerung nicht nur in Kauf genommen, sondern bewusst herbeigeführt hat. Er gilt als Falke, als außenpolitischer Hardliner, dem es wichtig ist, dass die USA maximale Stärke demonstrieren. Er würde auch vor militärischen Interventionen nicht zurückschrecken. Zumindest hat er sie in der Vergangenheit immer wieder gefordert.

Ursprünglich hatte Bolton gesagt, Gespräche mit Nordkorea könnten nur stattfinden, wenn das Land seine Atomwaffen komplett aufgebe. Nun ließ Trump verlauten, dass die USA wohl auch mit dem Versprechen einer schrittweisen Abrüstung leben könnten. Und was das Datum des Gipfels angeht: "Es könnte sogar der 12. Juni sein", schrieb Trump auf Twitter. Das war das ursprünglich festgesetzte Datum.

In diesem Punkt ist allerdings wie so oft zur Zeit in Washington nicht klar, ob Trump sich mit seinen Mitarbeitern abgestimmt hat. Bei einem offiziellen Briefing im Weißen Haus hatte ein Mitarbeiter gesagt, die Zeit sei viel zu knapp, um das Treffen bis dahin vorzubereiten. "Der 12. Juni ist quasi in zehn Minuten", sagte er. Bei dem Briefing waren Dutzende Reporter anwesend. Nachdem Trump in der New York Times gelesen hatte, dass eben jener Mitarbeiter gesagt habe, die Zeit bis zum 12. Juni sei zu knapp, bestritt er das rundheraus. Auf Twitter behauptete er, die Times zitiere einen Mitarbeiter, den es gar nicht gebe. Die Zeitung solle sich auf wirklich existierende Quellen beziehen. Unklar ist, ob Trump bewusst log, um auf diese Weise wie so oft zu versuchen, die Glaubwürdigkeit der Medien zu unterminieren, oder ob er schlicht nicht wusste, was in seinem Weißen Haus vor sich ging.

Die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei hat ein interessantes Detail über den Ort des Treffens ausgegraben. Dem Blatt zufolge sei die Wahl auch deshalb auf Singapur gefallen, weil der amerikanische Unternehmer Sheldon Adelson, der dort unter anderem eine Hotelanlage mit Casino betreibt, davon profitieren würde.

Adelson steht in der Liste der reichsten Menschen der Welt mit einem Vermögen von 38,5 Milliarden Dollar auf Platz 21. Er zählt zu den eifrigsten Unterstützern der Republikaner, zuletzt spendete er vor zwei Wochen 30 Millionen Dollar. Adelson hatte Trump bereits im Wahlkampf massiv unterstützt. Diese Investition hat sich gelohnt: Trumps Steuerreform habe Adel-sons Casino-Firma Las Vegas Sands laut Nikkei bereits 670 Millionen Dollar gespart.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: