Vier Jahre schwarz-gelbe Koalition:Von Supergrundrechten und Scherbenhaufen

"Gurkentruppe", Nazi-Vergleiche - vier Jahre lang haben sich Regierung und Opposition wortgewaltig gestritten. Sogar die FDP stänkerte gegen ihren Regierungspartner. Ein Rückblick in Zitaten.

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"Gurkentruppe", Nazi-Vergleiche - vier Jahre lang haben sich Regierung und Opposition wortgewaltig gestritten. Sogar die FDP stänkerte gegen ihren Regierungspartner. Ein Rückblick in Zitaten. "Seit 2:15 Uhr sagen wir Horst und Guido zueinander." Guido Westerwelle am 24. Oktober 2009, als er mit Angela Merkel und Horst Seehofer den gerade ausgehandelten Koalitionsvertrag vorstellte.

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"Ich habe natürlich volles Vertrauen zu ihm." Angela Merkel über den damaligen Arbeitsminister Franz Josef Jung. Der frühere Verteidigungsminister wurde kritisiert, die Öffentlichkeit erst nach Zeitungsberichten über einen Luftangriff informiert zu haben, bei dem in Afghanistan zahlreiche Zivilisten getötet wurden. Einen Tag später trat er zurück - nur 30 Tage nach seiner Vereidigung. Dieser schnelle Rücktritt war nur der Anfang einer Reihe von Personalquerelen im Kabinett Merkel. Das "volle Vertrauen" der Kanzlerin schien dabei eher Risiko als Rückhalt zu sein. So räumten auch Verteidigungsminister Guttenberg und Bildungsministerin Schavan frühzeitig ihre Posten - obwohl die Kanzlerin beiden ihr "volles Vertrauen" ausgesprochen hatte.

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"Diese Regierung ist kein Brandschutz. Sie haben die Dinge treiben lassen und rufen jetzt nach der Feuerwehr, wo es lichterloh brennt." SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier über das Handeln der Regierung in der Griechenland-Krise. Im Februar 2010 kommt die EU dem Land zu Hilfe, erlegt ihm als Bedingung jedoch ein Sparpaket auf. Drei Monate später kommen die ersten Finanzhilfen aus den EU-Staaten. Später profitieren auch Irland, Portugal, Spanien und Zypern von dem Rettungsschirm.

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"Das wird uns Leitplanken und mächtig Hausaufgaben geben." Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz-IV-Sätzen. Im Februar 2010 entschieden die Richter in Karlsruhe, die Berechnung der Beträge sei verfassungswidrig. Ende des Jahres verkündete die Ministerin das Ergebnis ihrer Hausaufgaben: Die Hartz-IV-Sätze stiegen um fünf Euro.

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"Nichts ist im Moment unmöglich. Da ist unglaublich viel in Bewegung." Die SPD-Spitzenkandidatin in NRW, Hannelore Kraft, über ihre Überlegungen, das Bundesland mit einer Minderheitsregierung zu führen. 20 Monate gelang ihr das, bis sie keine Mehrheit für den Haushalt 2012 gewinnen konnte und der Landtag aufgelöst wurde. Seit den Neuwahlen regiert eine Koalition aus SPD und Grünen.

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Im Juni 2010 zoffte sich die Regierung erstmals lautstark öffentlich. "Die entwickeln sich zur gesundheitspolitischen Gurkentruppe - erst schlecht spielen und dann auch noch rummaulen", so CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt über die Liberalen. Vorher hatte der FDP-Politiker Daniel Bahr, jetziger Gesundheitsminister, die CSU als "Wildsau" bezeichnet.

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"Ich glaube, dass die Menschen in Deutschland sehr traurig sein werden über diesen Rücktritt." Angela Merkel über die Entscheidung von Horst Köhler, als Bundespräsident zurückzutreten. Köhler war wegen Äußerungen über Militäreinsätze der Bundeswehr in die Kritik geraten. Christian Wulff wurde im dritten Wahlgang als sein Nachfolger bestimmt. Auch der trat vorzeitig zurück - die Reaktionen darauf klangen allerdings anders als bei Köhler ...

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"Herr Wulff hinterlässt einen Scherbenhaufen." Der Fraktionsvorsitzende der Grünen in Niedersachsen, Stefan Wenzel, über den Rücktritt von Christian Wulff als Bundespräsident. Wulff wurde Vorteilsnahme vorgeworfen. Unter anderem soll er sein Haus mit einem Privatkredit bezahlt und Urlaubsreisen von Unternehmern angenommen haben. Sein Nachfolger und dritter Bundespräsident während der Regierungszeit des Kabinetts Merkel wurde Joachim Gauck - er ist bis heute im Amt.

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"Es hat keinem Parlament in der Geschichte gutgetan, wenn eine Fraktion einheitlich gekleidet aufgetreten ist." Jörg van Essen, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, zu den Grünen, die zur Bundestagsdebatte über die Verlängerung der Atomlaufzeiten einheitlich in Schwarz und mit Anti-Atom-Anstecker erschien. Die Partei empörte sich über den Nazi-Vergleich. Am Ende der hitzigen Debatte verlängerten Union und FDP die Laufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre, ...

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... um acht Monate später den erneuten Atomausstieg zu beschließen. Der Grund: Die Reaktor-Katastrophe von Fukushima-1 hatte die Debatte wieder angestoßen. Die Grünen zögerten trotzdem, dem schwarz-gelben Atomausstieg zuzustimmen, war er doch ihr ureigenes Thema und eigentlich schon 2001 beschlossen worden. Für den damaligen CDU-Umweltminister Norbert Röttgen ist der Ausstieg jedoch eine Leistung der Regierung. "Sie sind Maulhelden, aber sie kriegen nix hin - das ist der Unterschied", warf er den Grünen vor.

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Trotz eines Beschlusses blieben Atomausstieg und Energiewende ein Streitpunkt. "Jede Frittenbude in Deutschland wird besser gemanagt als diese Energiewende", so Peer Steinbrück bei der Generaldebatte im Bundestag im November 2011.

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Gegenspielerin Merkel hingegen ist zum gleichen Zeitpunkt überzeugt: "Diese Bundesregierung ist die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung."

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"An Wunder kann man glauben, aber man kann sie natürlich nicht bestellen." Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, über das Scheitern der Stuttgart-21-Gegner. Bei der Volksabstimmung im Dezember 2011 hatten sich knapp 59 Prozent für den Bau des Bahnhofs entschieden. Vor dem Entscheid hatten Gegner mehr als ein Jahr lang gegen das Bauprojekt demonstriert und damit die Abstimmung erzwungen.

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"Es gab viele im Amt, die nichts konnten, und nur wenige, die fortgebildet werden konnten. Ich galt als Spitzenkraft auf dem Gebiet Verfassungsschutz." Helmut Roewer, ehemaliger Thüringer Verfassungsschutzpräsident, vor dem NSU-Untersuchungsausschuss. Seiner Behörde wird vorgeworfen, durch grobe Fehler das Untertauchen der Zwickauer Terrorzelle ermöglicht zu haben.

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"Ein guter Tag für Europa, ein guter Tag für den Euro." Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, über die Billigung des Euro-Rettungsschirms in Deutschland. Das Verfassungsgericht hatte dem Stabilitätsmechanismus im September 2012 unter Vorbehalten zugestimmt.

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"Es ist ein Trauerspiel, dass CDU und CSU nicht von sich aus zu einer Gesetzesänderung bereit waren." FDP-Generalsekretär Patrick Döring über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, dass das Ehegatten-Splitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten müsse. Die Regierungsparteien waren sich lange uneins gewesen - aber nicht nur in dieser Frage.

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"Opposition bleibt fast geschlossen der BT-Sitzung fern und verhindert so die erste Beratung zum #Betreuungsgeld - bin nicht traurig darüber", twitterte die FDP-Politikerin Birgit Reinemund nach der nicht zustande gekommenen Abstimmung über das Betreuungsgeld im Juni 2012. Der Vorschlag der CDU-Familienministerin Kristina Schröder war umstritten, auch beim liberalen Koalitionspartner. Einige Monate später beschloss die Regierung die von Gegnern als "Herdprämie" betitelte Leistung trotzdem.

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"Ein Minister, der seinen Laden im Griff hat, lässt sich nicht von Beamten an der Nase herumführen." SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels über Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Der Minister hatte sich in der Affäre um das gescheiterte Drohnenprojekt Euro Hawk stets damit entschuldigt, seine Mitarbeiter hätten ihn nicht rechtzeitig informiert. Ein Untersuchungsausschuss entlastete den Minister zwar, die Opposition forderte dennoch seinen Rücktritt.

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"Sicherheit ist ein Supergrundrecht." Innenminister Hans-Peter Friedrich in der Debatte um den Ausspähskandal durch den US-Geheimdienst NSA. Ähnlich wie amerikanische Politiker nannte er Sicherheit als Begründung für die Arbeit mit Spähprogrammen. Kanzleramtschef Ronald Pofalla erklärte die Affäre wenig später für beendet, Opposition und Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberger widersprachen.

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Bei der letzen Debatte im Bundestag greift der SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück die Kanzlerin noch einmal an. "Herr Seehofer verurteilt Sie schon auf die Oppositionsbank", frohlockt Steinbrück in Richtung Angela Merkel. Er hofft, der Streit um die von CSU-Chef Horst Seehofer geforderte Maut entzweit dessen Partei und Merkels Christdemokraten.

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Die Kanzlerin reagiert gelassen auf die Vorwürfe der Opposition. "Das ist übrigens eines Ihrer Probleme, dass Sie sich nicht freuen können", so Merkel zu SPD, Grünen und Linken. Grund zur Gelassenheit geben ihr die Umfragewerte: Anfang September liegt ihre Partei mit 41 Prozent deutlich vor der SPD (26 Prozent). Für den Koalitionspartner FDP würden sechs Prozent der Wähler stimmen.

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