USA:Warum Michelle Obama ihren Gemüsegarten in Stein und Stahl fassen lässt

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Michelle Obama mit einem Jungen beim Gärtnern im Gemüsegarten des Weißen Hauses (Foto: REUTERS)
  • Immer dann, wenn Clintons Strategen und Umfragendeuter ein Problem sehen, wird im Weißen Haus Michelles Hilfe erbeten.
  • Michelle Obama ist von allen öffentlichen Figuren, die im Wahlkampf unterwegs sind, die beliebteste.
  • Michelle Obamas Aufgabe im Wahlkampf ist es daher, dafür zu sorgen, dass die Menschen, die 2008 und 2012 für Barack Obama votiert haben, dieses Jahr für Clinton stimmen.

Von Hubert Wetzel, Washington

Das Weiße Haus ist ja im Grunde nur eine provisorische Behausung. Das Mietverhältnis ist immer befristet, spätestens nach einigen Jahren muss der jeweilige Bewohner wieder ausziehen, da ist nichts zu machen. Größere Umbauarbeiten und Einrichtungsbemühungen lohnen sich deswegen eigentlich nicht.

Insofern war es ungewöhnlich, dass Michelle Obama, die das Weiße Haus im Januar verlassen wird, nun ihren berühmten Gemüsegarten sozusagen regierungswechselfest gemacht hat. Die Sandwege zwischen den Beeten, in denen Kohl, Tomaten und Süßkartoffeln gedeihen, wurden mit feinen Steinplatten ausgelegt. Es gibt eine neue große Terrasse mit einem Tisch und Bänken. Und am Eingang zu dem Garten, der hinter dem Weißen Haus auf dem sogenannten South Lawn liegt, wurde ein Torbogen aus Holz und Stahl in den Boden zementiert.

All das hat natürlich weniger mit Gärtnerei zu tun als mit Politik: Wer immer nächstes Jahr ins Weiße Haus einzieht - Michelle Obama will es ihr oder ihm so schwer wie möglich machen, den Garten wieder zu planieren. Die Gemüsebeete der First Lady sind zu einem Symbol für den Kampf gegen Fast Food, Industrieessen, und Fettleibigkeit geworden, was die Lebensmittelkonzerne sehr ärgert. Gesundes Essen für Kinder ist in Amerika ein verdächtiges, fast sozialistisches Anliegen.

Dass der Republikaner Donald Trump, der in seinem Privatjet gerne mal mit silbernem Besteck einen Eimer KFC-Hühnchen leert, als Präsident Biogurken züchten würde, ist unwahrscheinlich. Seine Vorstellung von einem Garten ist vermutlich ein Golfplatz. Dort, wo heute noch Michelles Zwiebeln wachsen, würde Präsident Trump vielleicht ein Putting Green anlegen, um sein Handicap zu verbessern.

Für Michelle Obama ist das eine grausige Vision. Deshalb ließ sie ihren Garten in Stein und Stahl fassen, und deshalb macht sie auch Wahlkampf für Trumps Gegnerin Hillary Clinton. Die First Lady ist dabei zu so etwas wie eine Geheimwaffe des Clinton-Lagers geworden: Immer dann, wenn Clintons Strategen und Umfragendeuter ein Problem sehen, wird im Weißen Haus Michelles Hilfe erbeten.

Michelle Obama ist deutlich beliebter als ihr Mann

Das ist verständlich, denn Michelle Obama ist von allen öffentlichen Figuren, die im Wahlkampf unterwegs sind, die beliebteste. Etwas 65 Prozent der Amerikaner mögen sie. Michelle Obama ist damit deutlich beliebter als ihr Mann, der freilich mit etwa 55 Prozent Zustimmung für einen scheidenden Präsidenten auch sehr solide dasteht. Vor allem aber ist Michelle deutlich beliebter als Hillary Clinton, von der weniger als die Hälfte der US-Bürger eine gute Meinung haben.

Das könnte für Clinton am Wahltag zu einem Problem werden. Zwar liegt sie in den Umfragen derzeit mit einem satten Vorsprung vor Trump. Doch das hat vor allem mit Trumps verheerendem Verhalten zu tun bei der ersten Fernsehdebatte vor zwei Wochen und in den Tagen danach. Am Sonntagabend treffen die beiden Kandidaten wieder aufeinander, dann kann sich das Rennen noch mal drehen. Außerdem weiß Clinton nicht, ob all die Leute, die sie für die bessere Bewerberin halten, am 8. November auch tatsächlich wählen gehen. Donald Trumps Anhänger gelten als enthusiastischer.

Michelle Obamas Aufgabe im Wahlkampf ist es daher, dafür zu sorgen, dass die Menschen, die 2008 und 2012 für Barack Obama votiert haben, dieses Jahr für Clinton stimmen. Vor allem soll sie junge Menschen und Schwarze motivieren, ihre Stimme Clinton zu geben. In diesen Wählergruppen, die entscheidend zu Obamas Siegen beigetragen haben, lässt die Unterstützung für Clinton noch zu wünschen übrig. Es ist daher alles andere als Zufall, dass Michelle Obama in wichtige, womöglich wahlentscheidende Bundesstaaten wie Pennsylvania, Virginia oder North Carolina geschickt wird, um dort für Clinton zu werben.

Die Kandidatin hat sich vorab schon für die Hilfe revanchiert. Sie werde Michelles Garten als Präsidentin hegen und pflegen, ließ Clinton wissen.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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