USA:Verwirrungs-Strategie

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Trump stellt das große Sicher-heitspapier seiner Regierung vor, doch siehe: Zwischen Worten und Taten klafft eine Lücke. Die Strategie sagt mehr über den Niedergang der USA aus als über den Zustand der Welt.

Von Stefan Kornelius

Die Verzweiflung über Donald Trump ist gerade unter den hauptberuflichen Außenpolitikern der USA so groß, dass jede Hoffnung auf ein bisschen Normalität wie eine Offenbarung ankommt. So wird die neue Nationale Sicherheitsstrategie (vom Präsidenten persönlich vorgestellt nach lediglich elf Monaten im Amt) gefeiert wie die Zehn Gebote, die Moses vom Berg Sinai herabgetragen hat. Erinnerungen kommen hoch an die Zeiten, in denen eine Sicherheitsstrategie in einem harten Diskussionsprozess zwischen den Ressorts und dem Weißen Haus erarbeitet wurde. Jeder Satz ein Treffer, jedes Wort gewogen. Ein Masterplan für den Erhalt des Weltmachtstatus.

Trumps Sicherheitsstrategie ist all das nicht. Sie ist zunächst einmal eine Mogelpackung. Denn sie mag die Strategie eines kleinen Expertenkreises rund um den Präsidenten sein - aber sie ist nicht Trumps Strategie. Dieser Präsident folgt keiner Strategie, er folgt Impulsen. Und die können, etwa gegenüber Russland oder China, stark schwankend ausfallen. Wer Trump auf Obersätze für eine Außenpolitik festlegen will, der wird scheitern.

Trump stellt einen Sicherheitsplan voller Widersprüche vor

Der Präsident selbst hat die Präsentation genutzt, um seine Sprunghaftigkeit zu dokumentieren. Bereits die Widersprüche zwischen seiner Rede und dem Strategiepapier sind eklatant, vermutlich hat er das Papier kaum gelesen. Wie berechenbar ist also ein Land, in dem nicht einmal der Präsident das selbst unterzeichnete Regelwerk befolgt? Chinas Staatsmedien schreiben lässig, die Sicherheitsstrategie sei noch "in Arbeit". So viel Herablassung muss man sich erlauben können.

Dennoch ist es interessant, was die Beraterriege zustande gebracht hat. Da zeigt sich, dass der Sicherungskreis um den Impulsgeber im Weißen Haus geschlossen ist. Der Nationale Sicherheitsberater und andere finden außergewöhnlich klare Worte zu China oder Russland, auch wenn sie mit den Äußerungen des Mannes im Oval Office kollidieren. Der Apparat baut sich seine eigene Weltsicht.

Diese Weltsicht hat es in sich, denn ihr liegen zwei Annahmen zugrunde: Amerika hat seine Sonderrolle verloren und muss um seinen Platz kämpfen. Und: Die gute alte Großmächterivalität ist wieder da. Die Vereinigten Staaten gegen China, die Vereinigten Staaten gegen Russland. Diese Analyse ist grob, aber sie ist auch nicht falsch. Ja, China und Russland sind revisionistische Staaten, Staaten also, die das Machtgefüge auf dem Planeten zu ihren Gunsten ändern wollen. Die Erkenntnis ist nicht neu. Neu ist lediglich, dass die USA diese kalte Konfrontation als Bedrohung erkannt haben und relativ plump reagieren - mit einem kräftigen "America first".

Dummerweise ist "America first" keine Strategie, sondern ein Schlachtruf, geeignet für Wahlkampagnen, nicht für eine vielschichtige Außenpolitik, mit der Freunde eingesammelt und Gefahren enttarnt werden können. Wer China als Bedrohung benennt, der muss die Alternative beschreiben. Trump aber wirbt nicht mehr, er benennt nicht Amerikas traditionelle Stärken, er spricht nicht über Demokratie und Menschenrechte. Das hat kein Präsident vor ihm versäumt. Wer gegen die Verlockungen der Autoritären anstinken will, der muss den Duft der Freiheit versprühen.

Trump Strategie inspiriert nicht, sie schottet ab. Seine Sicherheitsdoktrin bleibt erst mal nur ein Thesenpapier, das der Präsident schon bei der Präsentation entwertet. All das liefert Einblicke in das Innenleben einer Nation im Belagerungszustand. Die USA haben erkannt, dass sich die Weltdynamik gegen sie wendet. Dumm nur, dass Trump aus dieser Erkenntnis die falschen Schlüsse zieht. Mit seinem Verhalten bestärkt er lediglich den Niedergang seines Landes.

© SZ vom 20.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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