USA:Sheriff Trump

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Der republikanische Kandidat hat sich als Isolationist geoutet, der für Amerika eine drastisch veränderte Rolle in der Welt sieht: die eines Security-Dienstleisters.

Von Nicolas Richter

Hört man Donald Trump zu, denkt man an die "Schwarzen Sheriffs", einen Sicherheitsdienst, der einst in der Münchner U-Bahn patrouillierte. Die Sheriffs erregten oft Aufsehen, weil ihnen jedes Feingefühl fehlte. Ihr Wissen über das Entschärfen von Konflikten schien nicht breit zu sein, dafür war ihr Auftreten sehr breitbeinig. Im Kern standen sie dafür, dass der Staat seine Verantwortung für die öffentliche Ordnung abgegeben hatte an eine Firma. Man fühlte sich nicht gerade sicherer in ihrer Gegenwart.

Wenn der Präsidentschaftsbewerber Donald Trump über Politik redet, wirkt er ähnlich. Sein Wissen über die Welt stammt aus dem Fernsehen, dafür umgibt er sich gern mit der Aura des Brutalen, mindestens Unberechenbaren. Mal droht er Terroristen mit Folter, mal widerruft er dies. Jetzt erweckt er den Eindruck, als sei eine Weltpolizei entbehrlich. Bündnisse wie die Nato stellt er infrage. Jeder soll sich um sich selbst kümmern; wer nicht will oder kann, soll alle Kosten dafür tragen, dass die USA es erledigen. Die USA wären demnach keine Weltmacht mehr mit strategischem Blick und globalem Anspruch, sondern ein Security-Dienstleister, dem das große Ganze egal ist, solange die Kunden ihre Rechnung bezahlen.

Der Kandidat sieht Bündnisse nur als Kostenfaktor

Trump beweist, dass in seinem Verhältnis zum Rest der Welt nicht mehr Seriosität zu erwarten ist als bei seinen Wahlkampfauftritten. Wie alle seine Ideen klingen auch jene zur Außenpolitik zunächst bestechend einfach. Fragt man aber nach, offenbart Trump, dass er kaum einen Gedanken zu Ende gedacht hat. Es bleibt bei der Ankündigung, dass er Amerika "wieder großartig" machen und dessen Feinden eins auswischen wird. Das ist schon für einen Sicherheitsdienst keine gute Geschäftsbasis, für einen Anwärter auf das mächtigste Amt der Welt erst recht nicht.

Dabei ist Trumps Analyse gar nicht durchgängig absurd. Richtig ist, dass sich die Republikanische Partei seit Ronald Reagan einer Illusion hingibt: dass die USA sowohl die Steuern senken als auch unbeschränkt Geld für Rüstung oder militärische Abenteuer ausgeben können. Es hat das Land erschöpft, auch finanziell. Die Republikaner haben sich deswegen nach den Kriegen George W. Bushs von ihren Interventionisten abgewendet. Das zeigt sich etwa am Scheitern des Kandidaten Marco Rubio, der die Bush-Doktrin wiederbeleben wollte. Trump hat recht: Auf die religiös aufgeladene Kraftmeierei Washingtoner Falken, die in jeden Bürgerkrieg Soldaten schicken würden, kann Amerika verzichten, die Welt ebenso.

Zweitens hat Trump recht damit, dass es sich manche US-Verbündete bequem gemacht haben im Schatten Amerikas. In Deutschland etwa spottet man gern über "die Amerikaner" und deren Imperialismus. Wenn es aber mal unruhig wird, erwartet man von Washington eine Lösung und das Geld dafür. Die Bundeswehr selbst hatte zuletzt sogar Mühe, flugtüchtiges Gerät zu finden.

US-Präsident Barack Obama hat diese Realitäten erkannt und seine Außenpolitik daran ausgerichtet. Er sieht Amerika als globale Ordnungsmacht, aber als eine mit endlichen Mitteln. Er setzt das Militär minimalistisch ein und wirbt um Verbündete. Amerikas Bündnisse sieht er zu Recht als Gerüst einer Ordnung, die weiten Teilen Europas und Asiens jahrzehntelangen Frieden beschert hat. Er hat Amerikas Verbündete bereits zur Kasse gebeten, aber er sieht die USA selbst für einen Teil der Kosten in der Pflicht, weil sie sich dadurch ein Mitspracherecht sichern und von Stabilität auf anderen Kontinenten selbst unmittelbar profitieren.

Trump dagegen nährt Ressentiments und den Verdacht, dass Amerika in jedem seiner Kontakte mit der Außenwelt bloß über den Tisch gezogen wird. Nun kündigt er die Abrechnung an, die darin besteht, Mauern zu bauen, Importzölle zu erheben und Allianzen nur noch nach ihren Kosten zu beurteilen. Über Einzelheiten lässt er alle im Ungewissen. Welche Folgen hätte ein Handelskrieg für die US-Wirtschaft? Wie ginge es den Balten und Polen ohne Nato? Dämmt man Nordkorea ein, indem man sich mit Südkorea über Kosten einer US-Militärbasis streitet?

Trump sagt selbst, er wolle unberechenbar sein. In beschränkten Maßen ist das nützlich: Obama war manchmal zu berechenbar, was seine Gegenspieler wohl ermutigte. Aber Unberechenbarkeit ist eine Taktik, kein Wahlprogramm. Wer den mächtigsten Menschen der Welt bestimmen möchte, sollte wissen, welche Rolle Amerika in der Welt spielen soll, und was daraus folgen könnte. Mit Trump würden sich die USA vor allem auf eine unberechenbare Zukunft einlassen. Bislang verkörpert er nur einen U-Bahn-Wächter, der sein Desinteresse an der Sache mit der Pose des starken Mannes maskiert.

© SZ vom 24.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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