USA:Schikanöse Justiz

Wie Whistleblower im Gefängnis zermürbt werden.

Von Nicolas Richter

Sie enthüllen Missstände und klären die Öffentlichkeit auf und sind daher Wohltäter, die Whistleblower. Der Staat aber behandelt sie wie Schwerverbrecher, in den USA zumal. Wer in die Pfeife bläst und seine Mitbürger warnt, muss nicht nur ein Leben im Gefängnis befürchten, sondern auch eine Gefangenschaft voller Schikanen.

Nun musste Chelsea Manning ein Disziplinarverfahren über sich ergehen lassen, weil sie eine Ausgabe der Zeitschrift Vanity Fair in ihrer Zelle aufbewahrte sowie Zahnpasta, deren Haltbarkeitsdatum überschritten war. Manning, einst bekannt als US-Gefreiter Bradley Manning, fühlt sich als Frau und strebt eine Geschlechtsumwandlung an. Aus Abscheu vor der Kriegsmaschine im Irak hatte Manning einst Hunderttausende Geheimdokumente mit der Enthüllungsseite Wikileaks geteilt und sitzt deswegen eine 35-jährige Haftstrafe ab; das Disziplinarverfahren könnte ihre Chance auf eine frühzeitige Entlassung schmälern.

Natürlich gilt das Recht für alle; doch es gewährt auch Ermessensspielräume, Räume für Milde. In Mannings Fall allerdings hat der Staat stets auf größte Härte gesetzt, von den Haftbedingungen über das drakonische Strafurteil bis zum jüngsten, kleinkarierten Disziplinarverfahren. Die Logik dahinter ist immer die Gleiche: Wer die Geheimnisse des Staates verrät, der muss einen quälenden Prozess der Zermürbung über sich ergehen lassen.

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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