Barack Obama hat eines gemeinsam mit Millionen seiner Landsleute: Er bangt um seinen Job. Neueste Umfragen zeigen, dass jeder zweite Amerikaner unzufrieden ist mit dem Präsidenten, der im kommenden Jahr wiedergewählt werden will. Konservative Wähler schwanken seit langem zwischen Hass und Wut.
Inzwischen sagen auch zwei Drittel aller parteilosen Landsleute, sie missbilligten Obamas Politik. Sogar im eigenen Lager gärt die Unzufriedenheit. Viele Demokraten glauben, ihr Held von 2008 habe sein Rückgrat verloren: Obama, der Vernunft-Politiker, hat den Republikanern im Kongress zuletzt Zugeständnisse gemacht, die viele seiner einst leidenschaftlichsten Anhänger als Verrat empfinden.
Es scheint, als wolle sich Obama nun korrigieren. Das erste Signal für diese Rückkehr zu den Wurzeln war seine feurige Job-Rede im Kongress vor zehn Tagen. Und nun folgt der zweite Akt: Obamas Vorstoß, superreiche Amerikaner per Millionärssteuer an den Lasten der Staatssanierung zu beteiligen, ist so populär wie populistisch. Obama will die eigene Basis umgarnen - und er glaubt, er könne mit dieser Idee eine rechte Opposition vor sich herjagen, die geschworen hat, keiner Steuererhöhung zuzustimmen.
Vielleicht steckt hinter Obamas Kurskorrektur sogar eine Strategie. Bisher schien es, als kümmere ihn allein die Stimmung unter parteilosen Wählern in der Mitte. Angewidert von Washingtons Parteienzank ist dies inzwischen die größte Wählergruppe. Nur offenbaren genauere Analysen: Wirklich unabhängig ist nur einer von zehn Wählern. Das wird zur Wiederwahl nicht reichen. Also muss Obama, um 2012 zu überleben, die eigene Partei wiedererwecken.