US-Gesetz gegen Einmischung:Wer hat Angst vor dem "Logan Act"?

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  • In den USA wird darüber diskutiert, ob die republikanischen Senatoren mit ihrem Iran-Brief möglicherweise gegen den Logan Act verstoßen haben. Das Gesetz aus dem Jahr 1799 verbietet es US-Bürgern, sich unbefugt in die Verhandlungen mit anderen Staaten einzumischen.
  • Mehr als 250 000 Menschen haben eine Online-Petition unterzeichnet, die das Weiße Haus auffordert, gegen die Senatoren Anklage zu erheben.
  • Die Republikaner haben aber wenig zu befürchten. In seiner mehr als 200-jährigen Geschichte ist niemand auf Basis des Logan Act verurteilt worden.

Von Paul Munzinger

Senatoren könnten mit Iran-Brief gegen ein Gesetz von 1799 verstoßen haben

War es eine politische Blutgrätsche? Eine Kinderei? Oder das Ende der westlichen Glaubwürdigkeit? Über den politischen Stil oder eher die Abwesenheit eines solchen ist im Fall der 47 republikanischen Senatoren, die Teheran jüngst ein Atom-Abkommen mit dem US-Präsidenten auszureden versuchten, bereits ausgiebig diskutiert worden. Doch nun hat die Auseinandersetzung eine neue Dimension erreicht: eine juristische.

Der Logan Act, ein Gesetz aus dem Jahr 1799, verbietet es US-Bürgern, sich "ohne Autorität der Vereinigten Staaten" in Streitereien und Kontroversen zwischen den USA und einem anderen Staat einzumischen. Ein amerikanischer Verfassungsrechtler glaubt, dass die Republikaner gegen dieses Gesetz verstoßen haben. Und mit dieser Meinung ist er nicht allein: Mehr als 250 000 Menschen haben das Weiße Haus in einer Online-Petition aufgefordert, die Republikaner auf der Grundlage des Logan Act anzuklagen.

Ein Verfahren ist unwahrscheinlich - es wäre das erste Mal

Ab 100 000 Unterschriften muss das Weiße Haus auf die Petition reagieren. Doch dass es wirklich zu einem Verfahren oder gar einer Verurteilung kommt, ist mehr als unwahrscheinlich. Es wäre, um genau zu sein, das erste Mal.

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Der Logan Act wurde 1799 erlassen, weil der Senator George Logan eigenmächtig zu Friedensverhandlungen nach Paris gereist war. Die blutjungen Vereinigten Staaten befanden sich damals in einem unerklärten Krieg mit Frankreich, und dem Präsidenten John Adams gefiel Logans Verhalten so wenig, dass er es durch ein Gesetz sanktionieren ließ.

Vier Jahre später wurde ein Farmer aus Kentucky eines Verstoßes gegen das Gesetz beschuldigt. Er hatte in einem Zeitungsartikel die Abspaltung eines westamerikanischen Teilstaats gefordert, der sich dann mit Frankreich hätte verbünden sollen. Die Anklage verlief sich.

Das Gesetz ist juristisch tot, geistert aber immer wieder durch die Debatte

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Seitdem ist das Gesetz eine juristische Karteileiche, die allerdings immer wieder durch die politische Debatte geistert. Die Liste der vermeintlichen Gesetzesbrecher ist lang: Richard Nixon findet sich darauf ebenso wie Jane Fonda oder Jesse Jackson. Zuletzt hatten die Republikaner 2007 mit dem Uralt-Gesetz gewedelt. Der Grund: Die damalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, war nach Syrien gereist, um mit Baschar al-Assad zu verhandeln. Das gefiel der Bush-Administration nicht.

"Jedes Mal, wenn ein Mitglied des Kongresses in der außenpolitischen Sphäre etwas tut, das der Haltung des Präsidenten widerspricht, kommt irgendjemand mit dem Logan Act", sagte der Verfassungsrechtler Steve Vladeck zu CNN. Experten glauben zudem, dass das Gesetz dem Recht auf freie Meinungsäußerung widersprechen könnte. In einem Satz: "Der Logan Act ist ein Witz", wie ein Kommentator des Online-Magazins Slate schreibt.

Ob die Republikaner gegen das Gesetz verstoßen haben, ist also höchstens für historisch interessierte Juristen von Belang. Die Furcht der 47 Senatoren vor einem Prozess dürfte sich in ähnlich engen Grenzen halten wie ihr schlechtes Gewissen.

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