US-Befragungsmethoden:Entschärftes Verhör

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Die CIA darf Terrorverdächtige künftig nicht mehr allein befragen. Doch auch die neue Befragungseinheit soll umstrittene Verhörmethoden anwenden und Ängste ausnutzen dürfen.

R. Klüver

Es gab viele Vorschläge, wie man den Gefangenen zum Reden bringen könnte: Ihn mit verwesenden Leichen in eine Zelle stecken. Ihn mit nackten Frauen umgeben. Ihn mit Elektroschocks an den Zähnen malträtieren. Am Ende verwarf man alles und überließ die Angelegenheit einem vom amerikanischen Geheimdienst CIA angeheuerten Team. Was die Sache nicht besser machte.

Ein Häftling im Zellenblock von Camp Delta 4 auf dem US-Marinestützpunkt Guantanamo Bay. Auch hier wurden die sogenannten "verschärften Verhörmethoden" angewandt. (Foto: Foto: dpa)

Die Befragung eskalierte bis hin zu jenen Praktiken, die später als "verschärfte Verhörmethoden" die ausdrückliche Billigung des damaligen Präsidenten George W. Bush fanden: Gefangene so lange in unterkühlte Zellen zu stecken, bis sie blau anlaufen. Sie tage- und nächtelang ununterbrochen mit ohrenbetäubender Musik zu beschallen. Schließlich das berüchtigte Waterboarding, das simulierte Ertränken der Häftlinge.

Das alles passierte Abu Zubeida, einem der wichtigsten Terrorverdächtigen in US-Gewahrsam, 2002 in einem CIA-Geheimgefängnis in Bangkok, wie die Washington Post jetzt dokumentiert hat. Und noch etwas stellte die Zeitung heraus: Nicht CIA-Leute brachten Abu Zubeida zum Reden. Verwertbare Aussagen erzielten allein Agenten der Bundespolizei FBI - mit traditionellen Verhörmethoden.

Die Enthüllungen treffen sicher nicht ganz zufällig mit dem Bekanntwerden von Plänen der neuen amerikanischen Regierung zusammen, der CIA künftig die Verantwortung für die Vernehmung sogenannter "hochwertiger" Gefangener zu entziehen und sie stattdessen einer neu geschaffenen Befragungseinheit zu überlassen. Sie soll Terrorverdächtige vernehmen, unter Verzicht auf die Verhörmethoden der Ära Bush.

Die neue Truppe soll etwa zwei Dutzend Leute umfassen: Spezialisten der CIA, des FBI und des Verteidigungsministeriums. Nicht klar ist, wer künftig diese Einheit führen soll. Nach Informationen des Wall Street Journal finden die Pläne breite Zustimmung innerhalb der Regierung, sind aber noch nicht formell vom Weißen Haus abgesegnet worden.

Präsident Barack Obama hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt der CIA den Einsatz der "verschärften Verhörmethoden" verboten, die Schließung der Geheimgefängnisse des Dienstes verfügt und das Justizministerium mit einer Überprüfung der Vernehmungstaktiken beauftragt. Allerdings sollen die Methoden auch des geplanten Verhörteams relativ weit gehen, jedenfalls über jene 19 im Vernehmungshandbuch der US-Armee als legal beschriebenen Verhörpraktiken für Kriegsgefangene hinaus.

Das Handbuch gilt als ein Maßstab für den menschlichen Umgang mit Häftlingen. So soll das künftige Team Gefangenen Belohnungen anbieten und deren Ängste ausnutzen dürfen. Konkret soll das Team offenbar spezielle Vernehmungstaktiken ausarbeiten, für den Fall, dass es den USA gelingen sollte, einen der bekannten Führungsleute von al-Qaida gefangen zu nehmen.

Auch künftig dürften die Verhöre von Terrorverdächtigen vor allem darauf abzielen, Informationen über geplante Anschläge und die Organisationsstruktur der Terroristen zu bekommen. Beweise für die Beteiligung des Befragten an einem Anschlag zu sammeln, wird weiterhin zweitrangig sein. Doch soll es auch da eine gewisse Änderung geben.

Die "verschärften Verhörmethoden" haben die Aussagen der Terrorverdächtigen für einen zivilen Strafprozess bisher unbrauchbar gemacht. Künftig dürften die Verhöre immerhin so zivilisiert verlaufen, dass Gerichte die Ergebnisse akzeptieren könnten.

© SZ vom 20.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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