Unruhen in China:Anführer der Uiguren sollen hingerichtet werden

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Der Statthalter Pekings in der Provinz Xinjiang hat Todesstrafen angedroht: Die Regierung werde die uigurischen Rädelsführer der Unruhen hinrichten lassen.

Tobias Matern

Die Verantwortlichen für die Unruhen in der chinesischen Provinz Xinjiang müssen die Todesstrafe fürchten. Die Regierung werde die uigurischen Rädelsführer hinrichten lassen, kündigte der Chef der Kommunistischen Partei in Urumqi, Li Zhi, am Mittwoch an.

Die Verantwortlichen für die Unruhen müssen die Todesstrafe fürchten. (Foto: Foto: dpa)

Es seien mehrere Mordverdächtige festgenommen worden. Die meisten seien Studenten. Nach Tagen gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Uiguren und Han-Chinesen in der Provinzhauptstadt hätten die Sicherheitskräfte die Situation unter Kontrolle.

Hu reist ab

Wegen der Unruhen brach der chinesische Staatspräsident Hu Jintao seinen Aufenthalt beim G-8-Gipfel der Industrienationen in Italien ab. "Aufgrund der Verschlimmerung der Unruhen hat sich Präsident Hu Jintao entschieden, seine Rückkehr nach China vorzuziehen und nicht am G-8-Gipfel teilzunehmen", sagte ein Sprecher der Botschaft in Rom.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Rande des Gipfels der größten Industrienationen mit Hu über die Unruhen sprechen wollen. Nach offiziellen Angaben wurden bei den Unruhen am Wochenende 156 Menschen getötet und mehr als tausend verletzt. Peking wirft im Exil lebenden Uiguren vor, hinter den Ausschreitungen zu stecken.

Die Uiguren machen dagegen die chinesische Seite für die Gewalt verantwortlich. Der Uigurische Weltkongresses (WUC) verbreitet, es seien "600 bis 800" Menschen gestorben. Das sagte der WUC-Vizepräsident Asgar Can am Mittwoch in München. Die Zahlen stützte er auf Berichte von Augenzeugen. Überprüfen lassen sie sich nicht. Die Demonstranten würden inzwischen auch in anderen Teilen der Provinz auf die Straße gehen, sagte Can.

Der Westen muss sich einmischen

Der WUC-Vizepräsident kritisierte die Staatengemeinschaft für ihre Zurückhaltung im Umgang mit China. Der Westen müsste "seine Wirtschaftsbeziehungen zu Peking davon abhängig machen, dass die Menschenrechte eingehalten werden", forderte Can. Die in den USA im Exil lebende Uiguren-Führerin Rebiya Kadeer schrieb im Wall Street Journal, es gebe Berichte über mehr als hundert Tote in der Stadt Kashgar. Kadeer sprach sich gegen Gewaltanwendung auf beiden Seiten aus.

In Urumqi erklärte Bürgermeister Jerla Isamudin in einer Fernsehansprache, die Lage sei unter Kontrolle. Zehntausende schwer bewaffnete Sicherheitskräfte bezogen auf einer Hauptverkehrsstraße Stellung, und teilten die Stadt, in der 2,3 Millionen Menschen leben, faktisch zwischen Han-Chinesen und Uiguren auf. Laut der offiziellen Nachrichtenagentur Xinhua nahm die Polizei mehr als 1400 Menschen fest. Gepanzerte Truppentransporter patrouillierten im Zentrum, Hubschrauber kreisten darüber.

Reporter berichteten jedoch, die Unruhen dauerten an. Bürger errichteten Barrikaden. Sprecher der Uiguren beklagten sich über Zensur. Das Internet würde gekappt. Amnesty International forderte, unabhängige Beobachter nach Xinjiang zu schicken. Die Gewalt gilt als Rückschlag für die chinesische Regierung, die zum 60. Jahrestag der kommunistischen Herrschaft im Oktober das Bild einer "harmonischen Gesellschaft" Chinas präsentieren wollte. Zusammen mit Tibet ist die Provinz Xinjiang eines der sensibelsten Gebiete Chinas. Die Uiguren sind Muslime, die meisten Einwohner aber sind von Peking angesiedelte Chinesen. Der Dalai Lama zeigte sich "zutiefst betrübt und besorgt" über die Lage in Xinjiang.

© SZ vom 9.7.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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