Uganda:Mit Weihwasser gegen Gewehrkugeln

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"Wir achten darauf, dass sie es mit ihren Wundern nicht übertreiben": John Baptist Odama, Chef der Bischofskonferenz, bei einer Massenhochzeit in Gulu. (Foto: Tobias Zick)

Macht und Spiritualität sind in Uganda eng verflochten. Besuch in einem Land, in dem ein selbst ernannter Apostel Wahlkämpfe beeinflusst.

Von Tobias Zick

Wäre man Pessimist, oder auch Realist mit gelegentlichen pessimistischen Anwandlungen, könnte man sagen: Aufgeklärtes, rationales, freiheitliches Denken ist in der Welt von heute ein schwindendes Phänomen; Autokraten, Dogmatiker und Fanatiker haben Aufwind. Die Bertelsmann Stiftung hat gerade wieder, wie alle zwei Jahre, ihren "Transformationsindex" veröffentlicht und zeichnet darin ein recht düsteres Bild: Weltweit sei die Demokratie auf dem Rückzug; Bürgerrechte seien in jüngster Zeit "so drastisch wie nie" und "in so vielen Ländern wie noch nie" eingeschränkt worden. Zudem nehme "der Einfluss von religiösen Dogmen auf die Verfasstheit politischer Systeme" zu. Und zwar nicht nur in mehrheitlich muslimischen Ländern wie Irak, Türkei oder Indonesien, sondern auch, vor allem in Afrika, in eher christlich geprägten Staaten. Ein Paradebeispiel dafür ist Uganda.

Das relativ kleine, aber in Ostafrika einflussreiche Land hat in den vergangenen Jahren international vor allem dadurch Aufsehen erregt, dass es drakonische Gesetze gegen Homosexualität erließ, während Medien offen zu Gewalt gegen Schwule und Lesben aufriefen ("Hängt sie"). Eine treibende Kraft dahinter sind radikale evangelikale Kirchen, von denen in den drei Jahrzehnten der Präsidentschaft von Yoweri Museveni unzählige aus dem Boden gesprossen sind. Gerade hat sich Museveni auf zweifelhafte Weise wieder im Amt bestätigen lassen: Vor der Wahl im Februar sprengten parteinahe Bürgerwehren regelmäßig Veranstaltungen der Opposition und gingen auf Journalisten los; während der Auszählung der Stimmen verhaftete die Polizei den führenden Oppositionskandidaten. Wahlbeobachter beklagten ein "Klima der Einschüchterung" - doch mindestens ebenso wichtig für Musevenis Machterhalt war vorab die Wahlkampf-Unterstützung durch Religiöse.

Die einflussreichen Hintermänner der ugandischen Politik

Das Oberhaupt der ugandischen Pfingstkirchler heißt Joseph Serwadda; der selbst ernannte "Apostel" hat in den vergangenen Jahren fleißig zur schwulenfeindlichen Stimmungsmache beigetragen, und zugleich hat er recht unverblümt im Wahlkampf Stimmung für den Amtsinhaber gemacht. Bei einer Neujahrs-Messe etwa betete er zusammen mit Zehntausenden Anhängern für "Gesundheit, Stärke und ein langes Leben" des Präsidenten, der übrigens als Ehrengast der Veranstaltung auch gerade anwesend war. Und bei der Gelegenheit dem Kirchenführer verstärkte Unterstützung im neuen Jahr versprach.

Es ist keine Übertreibung, wenn man den Pfingstkirchler Serwadda zu den einflussreichsten Hintermännern der ugandischen Politik zählt. Wer ist dieser Mann, was treibt ihn an, wie erklärt er seine unverblümte Einflussnahme auf die politischen Geschicke des Landes? Er rede nicht gern mit Journalisten, heißt es über ihn, schon gar nicht mit "westlichen". Doch für die SZ machte er nach einigem Hin und Her eine Ausnahme. Und erklärte bei einem Gespräch in seinem Büro - während ein Stockwerk tiefer gerade lautstarke Geister-Austreibungen stattfanden - selbstbewusst: "Der Staat und wir, wir ergänzen uns vorzüglich."

Doch bei der weiteren Reise durchs Land, im Laufe der Recherche für die heutige Seite Drei, wurde klar: Serwadda ist nur einer von vielen; Macht, Politik und Spiritualität sind in Uganda eng verflochten, schon seit der Kolonialzeit. Es ist auch das Land, in dessen Norden ein gewisser Joseph Kony seinen Krieg entfesselt hat, der Gründer der "Lord's Resistance Army", der vorgeblich einen neuen Staat "auf der Grundlage der Zehn Gebote" errichten wollte. In dem Rebellenkrieg sind nach Schätzungen etwa 100.000 Menschen gestorben. Inzwischen versteckt sich Kony im Ausland, mit versprengten Resten seiner Miliz, doch im Norden von Uganda trifft man bis heute viele junge Männer, die zwar vor Jahren aus Konys Truppe desertiert sind, aber nach wie vor daran glauben, dass man gegnerische Kugeln von sich fernhalten könne, indem man den eigenen Körper mit heiligem Wasser oder Schiabutteröl einreibt. Und einer von Konys früheren Mitstreitern betreibt in der Stadt Gulu nach wie vor eine Kirche - und rechtfertigt die vieltausendfache Versklavung von Kindersoldaten mit angeblichen "spirituellen Reinigungen".

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