Twitter:Der wahre Donald Trump

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Wie die weltweit gefürchteten Tweets des Präsidenten entstehen.

Von Christian Zaschke

Die Präsidentschaft von Donald Trump wird aus vielerlei Gründen in die Geschichte eingehen. Einer davon ist die unnachahmliche Weise, auf die der amerikanische Präsident sich den Kurznachrichtendienst Twitter zunutze macht. Kein Tag vergeht, an dem Trump nicht einige Tweets in die Welt setzt, in denen er sich selbst preist oder sich mal wieder sehr darüber aufregt, dass noch immer untersucht wird, inwieweit Russland auf seine Wahl Einfluss genommen hat, oder in denen er irgendein beliebiges Thema abhandelt, auf das er just auf seinem Lieblingsfernsehsender Fox News aufmerksam geworden ist. Morgens nimmt sich Trump die von seinem Team so genannte "Executive Time", was schlicht heißt, dass er vor dem Fernseher sitzt und twittert.

Oft sind seine Texte mit Ausrufezeichen und Großbuchstaben durchsetzt, sein Gebrauch der Groß- und Kleinschreibung hat mit englischer Grammatik wenig zu tun, und der Satzbau treibt Linguisten zur Verzweiflung. Viel spricht dafür, dass Trump das genau so will. Dass ihm nicht im Mindesten an einem korrekten Englisch gelegen ist, weil er das Gefühl hat, mit seinem Gebrauch der Sprache einen Nerv bei seiner Basis zu treffen. Und ebenso viel spricht dafür, dass es im Weißen Haus Mitarbeiter gibt, die die Kunst perfektioniert haben, Tweets zu schreiben, die exakt so klingen, als stammten sie von Trump persönlich. Der Präsident schreibt die Nachrichten auf seinem Twitter-Konto @realDonaldTrump nämlich nicht alle selbst.

Während des Wahlkampfes war es einfach zu unterscheiden, wer was schrieb, da Trump ein Android-Telefon benutzte, seine Mitarbeiter hingegen iPhones. Jetzt hat der Präsident ebenfalls ein iPhone. Der Journalist Andrew McGill vom Magazin The Atlantic hat bereits im vergangenen Jahr ein Twitter-Konto namens @TrumpOrNotBot eingerichtet, auf dem er jeden Tweet Trumps auf dessen Authentizität hin untersucht. Er hat ein Programm geschrieben, das die Sprachmuster in Hunderten Tweets untersucht, die Trump verfasst hat, bevor er sich um die Präsidentschaft bemühte. Die Analyse dieser Muster soll darüber Aufschluss geben, ob die Tweets der Gegenwart vom Präsidenten selbst oder von seinem Team stammen. Allerdings, sagt McGill, befürchtet er, dass die Mitarbeiter immer besser darin werden, Trump zu imitieren.

Der Boston Globe berichtet, dass die Mitarbeiter, wenn sie wollen, dass Trump sich zu einem Thema auf Twitter äußert, dem Präsidenten einige Entwürfe vorlegen, in die sie mit leichter Hand sinnlose Großbuchstaben und fragwürdige Grammatik streuen. Der Präsident sucht entweder einfach einen aus oder er verpasst seinem Favoriten noch den letzten Trumpschen Schliff. Dann geht der Text hinaus zu seinen 52,3 Millionen Followern.

Während die Mitarbeiter das Englische lustvoll so lange durch die Trumpmaschine drehen, bis dieser einzigartige Duktus entsteht, gehen sie nicht so weit, absichtlich Rechtschreibfehler einzubauen. Dieses Privileg bleibt dem Präsidenten vorbehalten. Neulich ist es ihm gelungen, den Namen seiner Frau Melania falsch zu schreiben. Der betreffende Tweet war zwar zu 100 Prozent von Trump selbst, er wurde aber trotzdem nach einer Weile unauffällig gelöscht.

© SZ vom 29.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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