Einer der größten Fehler der EU im vergangenen Jahrzehnt ist kaum noch präsent im öffentlichen Gedächtnis: Es war die Aufnahme Zyperns 2004. De facto trat damals nur der griechische Teil der geteilten Insel der Union bei. Die EU machte also eine von zwei Streitparteien im Zypernkonflikt zum Mitglied. Das vergiftet die Politik von EU und Nato an mehreren Fronten bis heute - an vorderster Stelle ihr Verhältnis zur Türkei.
Nun droht neuer Schaden. Ankara will Mitte 2012 die Beziehungen zur EU für ein halbes Jahr einfrieren, dann nämlich, wenn die griechischen Zyprer den EU-Vorsitz übernehmen. Das Kalkül: Ankara will mit dem Ultimatum Druck ausüben auf die Europäer, damit die ihrerseits auf die griechischen Zyprer einwirken. Das Ziel: endlich eine Einigung bei den laufenden Gesprächen zu finden zwischen dem türkischen Norden und dem griechischen Süden der Insel; der nutzt aus türkischer Sicht die Gespräche nur, um die Dinge zu verschleppen. Die Türkei will das Zypernproblem aus der Welt haben, das für sie zum scheinbar größten Hindernis für den eigenen EU-Beitritt geworden ist.
Vielleicht ist dieses Ultimatum keine schlechte Sache: EU und Türkei können sich endlich klarmachen, was sie voneinander wollen. Ist es Ankara noch ernst mit dem Beitrittsprozess? Dann könnte es ebenso gut selbst mit Zeichen guten Willens den Prozess vorantreiben: Wenn es etwa endlich seine Häfen öffnete für die griechischen Zyprer. Und ist es Brüssel noch ernst? Dann sollten die großen EU-Länder aufhören, sich hinter Zypern zu verstecken. Letztlich ist der Streit über Zypern nur Schattenboxen - ein bequemer Vorwand für alle Türkeigegner, sich Ankara vom Leib zu halten.