Türkei:Was Erdoğans Tabubruch so beängstigend macht

Türkei: Geht es nach dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, dann wir das Land künftig nur noch von einem islamischen Alleinherrscher regiert.

Geht es nach dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, dann wir das Land künftig nur noch von einem islamischen Alleinherrscher regiert.

(Foto: AFP)

Eine islamische Verfassung? Die Türkei hat im Moment eigentlich andere Sorgen. Doch der Präsident denkt in gewaltigen Dimensionen.

Von Mike Szymanski

Im Moment kann die Türkei am wenigsten eine Debatte drüber gebrauchen, ob das Land nun eine islamische Verfassung benötigt oder nicht. Das treibt nur noch einen zusätzlichen Keil in eine Gesellschaft, die schon genug gespalten ist. Im Südosten tobt ein Bürgerkrieg mit der PKK, im Süden lauert die Terrormiliz IS. Die Türkei braucht vor allem eine Befriedung im Inneren.

In der jetzigen Verfassung ist überhaupt nicht festgeschrieben, dass die Türkei ein areligiöses Land sein muss. Das ist sie natürlich auch nicht. Seitdem Recep Tayyip Erdoğan und seine islamisch-konservative AKP regieren, kann man das viel deutlicher sehen (mehr Kopftücher) und hören (mehr Muezzin-Rufe von Minaretten). Die Verfassung verbietet den Islam nicht, sie bürokratisiert ihn nur. Die erfolgreichsten Jahre, wirtschaftlich wie außenpolitisch, hat das Land mit eben dieser Konstruktion erlebt. Sie macht das Land kompatibel für den Westen.

Warum nun der Tabubruch? Präsident Erdoğan denkt in gewaltigen Dimensionen. Geht es nach ihm, dann wird die Türkei mit der geplanten Einführung eines Präsidialsystems nur noch von einem islamischen Alleinherrscher regiert. Das soll sein Vermächtnis an die fromme Bevölkerung sein, die in diesem Land strukturell seit jeher die Mehrheit bildet. Der Umbau der Türkei für die Zeit nach Erdoğan hat begonnen. Das ist die eigentlich beängstigende Botschaft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: