Syrien:Russland kommt USA im Syrienkonflikt entgegen

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Moskau will Luftangriffe künftig mit Washington abstimmen. Zugleich schließt der Kreml aber einen Kampfeinsatz von Freiwilligen an der Seite von Machthaber Assad nicht aus.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Russland bemüht sich im Streit mit der Nato über den Militäreinsatz in Syrien offenbar vorerst um eine Deeskalation. Die russischen Streitkräfte akzeptierten die amerikanischen Vorschläge für eine Abstimmung der jeweiligen Militärflüge über dem Bürgerkriegsland grundsätzlich, zitierte die Nachrichtenagentur Tass den Vize-Verteidigungsminister Anatolij Antonow. Russland habe ausländische Offiziere nach Moskau eingeladen, um den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zu koordinieren. Zudem solle mit einer Delegation des türkischen Verteidigungsministeriums darüber beraten werden, wie sich Missverständnisse vermeiden ließen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte zuvor Moskau vorgeworfen, mehrmals absichtlich den Luftraum des Nato-Partners Türkei verletzt zu haben. Die russischen Kampfjets seien längere Zeit über türkischem Gebiet geflogen. Nach einem Missgeschick sehe das nicht aus. Russland habe keine befriedigende Erklärung für die Zwischenfälle geliefert, so Stoltenberg.

Eine Reaktion der Nato oder der USA auf Russlands neue Vorschläge lag zunächst nicht vor. US-Außenminister John Kerry hatte aber bei seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow dafür geworben, die Missionen zu koordinieren. Laut dem US- Sender CBS waren sich am Dienstag amerikanische und russische Kampfflugzeuge bis auf 30 Kilometer nahegekommen.

Russland beschuldigte die Nato, aus "einem Versehen" politisch Profit schlagen zu wollen. Der Westen nutze die Vorfälle aus, um die Ziele des Syrien-Einsatzes verfälscht darzustellen, sagte Nato-Botschafter Alexander Gruschko. Moskau hatte die Luftraumverletzungen bestätigt und nannte schlechtes Wetter als Grund.

Die Konfrontation dürfte sich aber bald wieder verschärfen, falls Russland wie USA und Nato vermuten eine Bodenoffensive in Syrien vorbereitet. Truppenverlegungen und Waffenlieferungen nach Syrien deuteten darauf hin. Am Dienstag teilte die Nato mit, die Einheiten stünden "in Verbindung mit dem russischen Luftwaffenstützpunkt" ins Syrien. Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow sagte zwar, eine Bodenoffensive sei nicht geplant, schloss aber den Einsatz von "Freiwilligenverbänden" nicht aus. Russland werde solche Gruppen aber nicht unterstützen. Zuvor hat ein Militärberater Präsident Wladimir Putins gesagt, Russen mit Kampferfahrung aus der Ostukraine könten für das syrische Regime kämpfen.

Die Türkei hatte am Montag zum zweiten Mal Russlands Botschafter in Ankara einbestellt und scharf gegen die Grenzverletzung am Sonntag protestiert. Präsident Recep Tayyip Erdoğan warnte Russland, die bisher guten Beziehungen könnten sich verschlechtern. Wenn es einen Freund wie die Türkei verliere, mit dem es bei vielen Themen kooperiere, sei das "ein großer Verlust". Wer die Türkei angreife, müsse wissen, dass er damit die Nato angreife.

Das russische Verteidigungsministerium dementierte, Ziele im syrischen Palmyra angegriffen zu haben. Alle derartigen Berichte ausländischer Medien seien "absolute Lügen". Die russische Luftwaffe greife keine besiedelten Orte an, erst recht nicht, wenn sich dort "architektonische Denkmäler" befänden.

Syriens Staatsfernsehen hatte dies behauptet.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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