Syrien:Massaker bei Palmyra

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Die antike syrische Stadt Palmyra, inzwischen in der Gewalt des IS. (Foto: Jonathan Klein/AFP)

IS-Terroristen sollen 400 Syrer getötet haben und im Irak vorrücken. Die USA kritisieren die Kampfmoral ihrer Verbündeten.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Nachdem die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien die Stadt Tadmur erobert hat, verbreitet sich von dort die Nachricht von einem neuen Massaker an der Zivilbevölkerung: Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete, die IS-Schergen hätten mehr als 400 Menschen umgebracht, unter ihnen Frauen und Kinder. Die Zahlen waren unabhängig nicht zu überprüfen, aber auch Aktivisten aus dem Ort berichteten von 280 Toten. Die Terroristen würden gezielt Jagd auf Regierungsmitarbeiter und Anhänger von Präsident Baschar al-Assad machen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, sie habe seit dem 16. Mai in der Provinz Homs 67 Hinrichtungen von Zivilisten dokumentiert und den Tod von etwa 150 syrischen Soldaten. Die meisten Morde seien aus Tadmur gemeldet worden, der Wüstenstadt in Zentralsyrien, an die das antike Palmyra angrenzt.

Die Dschihadisten hatten in den Tagen vor der Eroberung der Stadt schon im Umland etliche Menschen ermordet und Bilder ihrer Verbrechen im Internet publiziert. Der Islamische Staat versucht regelmäßig mit öffentlichen Hinrichtungen die Bevölkerung in eroberten Gebieten gefügig zu machen. Zugleich dienen die Bilder von Grausamkeiten dazu, die Gegner zu demoralisieren. So veröffentlichte der IS Aufnahmen von 20 gefangenen syrischen Soldaten aus Tadmur.

Die Regierungstruppen und mit ihnen verbündete Milizen waren nach etwa einwöchigen Kämpfen aus der Stadt abgezogen. Sie hatten nach Angaben der Regierung in Damaskus mehrere Lastwagen mit Artefakten aus dem Museum der Stadt gerettet, offenkundig aber viele Zivilisten und Soldaten zurückgelassen. Der IS postierte laut Aktivisten Wachen am Museum. Berichte über Zerstörungen der antiken Ruinen lagen zunächst nicht vor. Der Gouverneur von Homs, Talal Barazi, kündigte eine Gegenoffensive der Regierungstruppen an.

Währenddessen haben in Irak Einheiten der Armee und mit der Regierung verbündete schiitische Milizen im Gouvernement Anbar eine Offensive gestartet, um die Provinzhauptstadt Ramadi zurückzuerobern. Sie war ebenfalls vergangene Woche an die Dschihadisten gefallen. Mehrere Tausend Milizionäre und eine Eliteeinheit der Armee rückten bis auf zehn Kilometer auf die Stadtgrenze vor. Premierminister Haidar al-Abadi kündigte an, Ramadi werde binnen Tagen wieder in der Hand der Regierung sein. Er war in Bagdad massiv in die Kritik geraten, weil er den Einsatz der Milizen in der fast ausschließlich von Sunniten bewohnten Provinz im Einvernehmen mit vielen der dortigen Stammesführer und den Amerikanern lange abgelehnt hatte. Mächtige schiitische Politiker blockierten Waffenlieferungen an die Stämme, die Abadi versprochen hatte. Auch blieb Verstärkung der Truppen aus, die Ramadi zuvor seit Wochen gegen mehrere Angriffe des Islamischen Staates verteidigt hatten.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter kritisierte die irakischen Truppen ungewöhnlich scharf. Der Fall von Ramadi sei "mangelndem Willen zu kämpfen" geschuldet gewesen, sagte er. Die irakischen Truppen seien dem IS zahlenmäßig weit überlegen gewesen, hätten sich aber trotzdem zurückgezogen. Die Regierung von Präsident Barack Obama gerät im Kongress wegen ihrer Strategie zunehmend unter Druck, die sich auf Luftschläge gegen den IS und die Ausbildung der irakischen Armee beschränkt. Einflussreiche republikanische Senatoren fordern dagegen, US-Soldaten an der Seite der Iraker in den Kampf zu schicken, um etwa die Luftunterstützung effektiver zu machen.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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