Syrien:"Humanitäre Katastrophe"

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Machthaber Baschar al-Assad geht mit einer neuen Offensive gegen die Rebellen überall im Land vor. Die Vereinten Nationen sind sehr besorgt und fordern Milliarden für humanitäre Hilfe in dem kriegszerrütteten Land.

Von Daniel BrösslerPaul-Anton Krüger, Brüssel/Kairo

Die Vereinten Nationen warnen vor einer neuen humanitären Katastrophe ungekannten Ausmaßes in Syrien.

"Idlib ist die große, neue Herausforderung", sagte der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura am Dienstag zum Auftakt einer Syrien-Konferenz in Brüssel. Nach Idlib, einem der letzten von Rebellen und Extremisten kontrollierten Gebiete Syriens, verlagern sich zunehmend die Kämpfe. Es müsse nun sichergestellt werden, "dass das nicht das neue Aleppo und das neue Ost-Ghuta wird", appellierte de Mistura. "Es geht hier um ganz andere Dimensionen", warnte er. In der Region lebten 2,5 Millionen Menschen. Niemand werde glauben, "dass das alles Terroristen sind".

De Mistura und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini forderten eine Wiederbelebung der Friedensbemühungen. Dabei stünden vor allem Russland, Iran und die Türkei in der Pflicht, betonten beide. In den Astana-Gesprächen hätten sie sich zum Ziel bekannt, die Spannungen abzubauen, sagte de Mistura. "Wir haben das Gegenteil gesehen", beklagte er. "Wir haben in den vergangenen Tagen mit eigenen Augen gesehen, dass militärische Geländegewinne und militärische Eskalation uns einer politischen Lösung nicht näherbringen", fügte er hinzu. Es sei "an der Zeit für Diplomatie auf höchster Ebene".

An der zweitägigen Syrien-Konferenz nehmen Vertreter von 80 Staaten und Organisationen teil. Die EU und die UN erhoffen sich neue Milliardenzusagen für humanitäre Hilfe in Syrien und den Nachbarländern. Auf der Vorläuferkonferenz vor einem Jahr waren etwa 5,6 Milliarden Euro zugesagt worden. Mogherini hatte schon vor Beginn des Treffens den Wunsch geäußert, dass von der Konferenz Impulse für Friedensverhandlungen ausgehen. Dem stand allerdings sowohl die Skepsis der USA entgegen als auch die Tatsache, dass Russland nur auf Botschafterebene teilnahm.

In Syrien setzten sich derweil auch nach der Rückeroberung der Region Ost-Ghuta durch das Regime schwere Kämpfe fort, bei denen landesweit allein am Montag mehr als 70 Menschen getötet worden sein sollen. In den vergangenen Tagen konzentrierten die Armee und verbündete Milizen ihre Angriffe auf das frühere Palästinenserlager Yarmouk, das noch von der Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) kontrolliert wird, und den angrenzenden Stadtteil Hajar al-Aswad, den IS-Kämpfer und verschiedene radikale Rebellengruppen halten. Dabei kam es laut Bewohnern von Damaskus zu schweren Luftangriffen auch durch russische Kampfjets. Unter den Toten sollen 27 Soldaten des Regimes gewesen sein und mindestens 25 IS-Kämpfer.

Überdies haben syrische Truppen eine Offensive gegen eine Rebellenenklave bei Salamiyah begonnen. In der Region befindet sich eine der ursprünglich vier Deeskalationszonen, die Russland unter Beteiligung Irans und der Türkei mit den Rebellen im kasachischen Astana vereinbart hatten. Sie wurde Ziel einiger Dutzend Luftangriffe. Attacken gab es auch im Süden der Provinz Idlib.

© SZ vom 25.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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