Syrien:Fataler Angriff

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Bei einem russischen Luftangriff in Syrien sterben drei türkische Soldaten. Russlands Präsident Putin entschuldigt sich bei seinem türkischen Kollegen Erdoğan.

Von Julian Hans, Paul-Anton Krüger, Kairo

Bei einem russischen Luftangriff im Norden Syriens sind am Donnerstag drei türkische Soldaten getötet und elf weitere verletzt worden. Die türkische Regierung teilte mit, Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich bei seinem Kollegen Recep Tayyip Erdoğan für den Angriff entschuldigt. Der Kreml sprach von einem "tragischen Zwischenfall". Die beiden Staaten versuchen derzeit unter Beteiligung Irans und Jordaniens in der kasachischen Hauptstadt Astana Eckpunkte für eine Lösung des Syrien-Konfliktes zu finden. Am 20. Februar sollen in Genf unter UN-Vermittlung Gespräche zwischen der Regierung von Präsident Baschar al-Assad und der Opposition wieder aufgenommen werden. Während Russland auf Seiten des Regimes steht, unterstützt die Türkei die Rebellen.

Der Zwischenfall ereignete sich nahe der von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kontrollierten Stadt al-Bab. Sie ist seit Wochen von drei Seiten von Rebellen umstellt, unterstützt von Einheiten der türkischen Armee. Sie hatten mit stillschweigendem Einverständnis Russlands die Grenze überquert. Zuletzt waren von Süden syrische Regierungstruppen und verbündete Milizen auf die Stadt vorgerückt und hatten dem IS die letzten Verbindungswege abgeschnitten. Dabei waren sich türkische und syrische Truppen auf wenige Kilometer nahegekommen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete unter Berufung auf lokale Quellen, es sei bereits zu Gefechten zwischen ihnen gekommen.

Die Rückeroberung von al-Bab gilt als Test, ob die Kooperation zwischen Ankara und Moskau belastbar ist und auch in Koordination militärischer Operationen umgesetzt werden kann. Als fraglich galt vor allem, ob Russland die Regierungstruppen und die Türkei die Rebellen dazu bringen könnten, sich an die Vereinbarungen ihrer Schutzmächte zu halten. Nun sind deren Soldaten direkt in einen tödlichen Zwischenfall verwickelt. Die russische Luftwaffe bezieht allerdings regelmäßig ihre Zielkoordinaten von der syrischen Armee.

Die Entschuldigung Putins und Kontakte zwischen den Verteidigungsministern und Generalstabschefs legen nahe, dass der Kreml bemüht ist, die Situation nicht eskalieren zu lassen und die Türkei dies auch nicht vorhat. Beide Seiten kündigten eine Untersuchung an. Das Verhältnis der beiden Staaten war an einem Tiefpunkt, nachdem die türkische Luftwaffe im November 2015 einen russischen Kampfjet nach einer Luftraumverletzung abgeschossen hatte.

Nach einer Aussöhnung zwischen Putin und Erdoğan hatte Moskau gegen Ende der Regierungszeit von US-Präsident Barack Obama zusammen mit der Türkei eine neue Initiative gestartet, den Krieg in Syrien zu beenden. Sie gipfelte in Gesprächen über einen von den beiden Mächten ausgerufenen landesweiten Waffenstillstand im Januar in Astana. Sie werden derzeit auf Expertenebene fortgesetzt. Dabei sollen die Gebiete des IS und der mit al-Qaida verbundenen Nusra-Front demarkiert werden, auch ein Verfassungsentwurf wird beraten. Für al-Bab wurde dem Vernehmen nach vereinbart, dass nicht die Rebellen die Stadt einnehmen dürfen, sondern die Regierungseinheiten. Für die Rebellen ist das angesichts ihrer Verluste in der Schlacht nur schwer zu akzeptieren.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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