Supreme Court:US-Gericht vor historischem Rechtsruck

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Mit der Neubesetzung eines Richterpostens will Präsident Trump die konservative Mehrheit im Supreme Court für Jahrzehnte zementieren. Der Widerstand der Demokraten hat kaum Chancen.

Von Hubert Wetzel, Washington

In den USA steht ein harter Kampf um die Bestätigung eines neuen Richters am Obersten Gerichtshof bevor. Kurz nachdem Präsident Donald Trump am Montagabend den 53 Jahre alten Juristen Brett Kavanaugh als Kandidaten für eine frei werdende Stelle am Supreme Court nominiert hatte, kündigten die Demokraten Widerstand an. "Ich werde mich mit allem, was ich habe, widersetzen", teilte der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, mit. Etliche Kolleginnen und Kollegen vom linken Flügel der Partei äußerten sich ähnlich ablehnend.

Nach jetzigem Stand ist dieser Widerstand allerdings reine Rhetorik. Laut Verfassung muss der Senat zwar Richterkandidaten bestätigen. Da die Demokraten aber nur 49 Sitze in der hundertköpfigen Kammer halten, haben sie alleine keine Möglichkeit, Kavanaughs Bestätigung zu verhindern. Nur wenn zwei oder mehr Republikaner gegen den Kandidaten stimmen und keine Demokraten für ihn, könnte Kavanaughs Nominierung scheitern.

Dennoch dürfte es eine heftige politische Schlacht um die Personalie geben. Kavanaugh, bisher Richter an einem wichtigen Bundesberufungsgericht, gilt als Konservativer. Er soll den deutlich liberaleren Richter Anthony Kennedy ersetzen, der in den Ruhestand geht. Kavanaughs Bestätigung würde die ideologische Balance im Verfassungsgericht klar nach rechts verschieben. Von den neun Richtern gehörten dann fünf, statt wie bisher nur vier, eindeutig zum konservativen Flügel - und das vermutlich für die nächsten Jahrzehnte, denn die Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Politisch ist dieser ideologische Schwenk von enormer Bedeutung, da das Verfassungsgericht oft politische Streitfragen entscheidet, für welche das zerstrittene US-Parlament keine Lösung findet.

Die Demokraten befürchten, dass eine konservative Richtermehrheit wichtige Entscheidungen revidieren und so gesellschaftliche Fortschritte zurückdrehen könnte. Das betrifft vor allem ein Urteil von 1973, in dem jeder Frau in den USA das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch zugesprochen wurde. Konservative Republikaner wollen dieses Urteil seit Langem kippen, bisher aber fehlte ihnen die Mehrheit im Supreme Court.

Die Demokraten werden Kavanaughs Nominierung, wenn sie diese schon nicht stoppen können, daher wohl zumindest benutzen wollen, um ihre Parteibasis bei der Kongresswahl Anfang November zu motivieren. Zudem bietet die Personalie einigen Senatorinnen und Senatoren, die 2020 als Präsidentschaftskandidaten antreten wollen, die Gelegenheit, sich in der Partei als Kämpfer für linke Werte zu profilieren.

Aus ähnlichen, taktischen Gründen werden die Republikaner versuchen, Kavanaugh noch vor der Wahl vom Senat bestätigen zu lassen. Sie können dann ihrer Parteibasis gegenüber argumentieren, dass Trump sein Wahlversprechen gehalten und konservative Richter nominiert hat. Für viele republikanische Wähler, welche die Bundesgerichte als Horte linksliberaler Aktivisten sehen, war das ein äußerst wichtiges Versprechen, für dessen Einhaltung sie sich im November mit ihrer Stimme revanchieren könnten.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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