Studie:Die Besten gehen zu früh

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Die gute Nachricht: Aus ausländischen Studierenden werden oft erfolgreiche Absolventen. Die schlechte Nachricht: Sie verlassen Deutschland wieder.

Von Jan Bielicki, München

In Politik und Wirtschaft gelten sie als Idealzuwanderer: Mehr als eine Viertelmillion junge Frauen und Männer aus anderen Ländern haben im Wintersemester 2015/16 an deutschen Hochschulen studiert - und zwar die meisten von ihnen in Fachgebieten, in denen hiesige Unternehmen einen Mangel an Fachkräften beklagen. Doch viele der ausländischen Absolventen - oft sogar die besten - verlassen Deutschland nach Abschluss ihres Studiums wieder. Und viele, die bleiben, tun sich laut einer neuen Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration schwer, hierzulande Arbeit zu finden.

In ihrer Untersuchung, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, hat die Psychologin Mohini Lokhande Studieneinwanderer befragt - einmal während des Studiums, ein zweites Mal eineinhalb Jahre später. Ergebnis der Auswertung von 419 Antworten: Drei von zehn Absolventen hatten zum Zeitpunkt der zweiten Befragung Deutschland wieder verlassen. Und von den Befragten, die geblieben waren, suchte die Hälfte ein Jahr nach Studienabschluss noch einen Job - und das, obwohl mehr als drei Viertel der Befragten die auf dem Arbeitsmarkt gefragten Fächer Informatik, Ingenieurs-, Wirtschafts- oder Naturwissenschaften belegt hatten. Eine Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge kam zwar vor drei Jahren auf günstigere Zahlen, nach denen 87 Prozent der ausländischen Absolventen innerhalb eines Jahres ein Job fanden. Aber auch dieser Wert ist weit unterdurchschnittlich: Unter allen Hochschulabsolventen waren sogar im wirtschaftlichen Krisenjahr 2009 nur fünf Prozent ein Jahr nach dem Verlassen der Uni noch auf Arbeitssuche.

Die Politik hat Hürden abgebaut, aber schlechte Deutschkenntnisse und fehlende Praxis bleiben

Dabei gehört die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu den Hauptbeweggründen ausländischer Absolventen, das Land, das sie ausgebildet hat, wieder zu verlassen. 40 Prozent derer, die gingen, gaben an, dass im Ausland ein besserer Job winkte, 36 Prozent fanden keinen adäquaten Arbeitsplatz in Deutschland. Ihre Probleme bei der Arbeitssuche sah jedoch nur ein geringer Teil der Befragten in ausländerrechtlicher Bürokratie. Deren Hürden hat die Politik in den vergangenen Jahren deutlich abgebaut. Etwa 42 Prozent der Beklagten machen hingegen mangelnde Deutschkenntnisse, mehr als zwei Drittel fehlende Berufserfahrung für die Mühen bei der Jobsuche verantwortlich.

Die Forscherin Lokhande empfiehlt daher, ausländische Studenten bereits früh darauf vorzubereiten, wie das Studieren an deutschen Unis funktioniert - und wie die Berufswelt. Konkret fordert sie mehr und womöglich verpflichtenden Deutschunterricht auch in englischsprachigen Studiengängen. Pflicht sollten ihrer Meinung nach vor allem Praktika in allen Studienfächern sein. Je länger das Praktikum, so ein Ergebnis der Studie, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Studierender bleibt - und Arbeit findet.

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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