Studentendemos in Teheran:Iran schlägt Proteste nieder

Lesezeit: 1 min

In Iran hat die Polizei erneut Proteste von Studenten gewaltsam niedergeschlagen. Unterstützt von Mitgliedern der berüchtigten Bassidsch-Miliz setzten die Polizisten massiv Tränengas ein, um eine Demonstration von etwa 250 Anhängern der Reformbewegung aufzulösen.

In Iran hat die Polizei am Donnerstag erneut Proteste von Studenten gewaltsam niedergeschlagen. Unterstützt von Mitgliedern der berüchtigten Bassidsch-Miliz setzten die Polizisten Tränengas ein, um eine Demonstration von etwa 250 Anhängern der Reformbewegung an der Universität von Teheran aufzulösen, wie Augenzeugen berichteten. "Die Polizei schießt in die Luft. Sie haben mehrere Menschen verhaftet", sagte ein Demonstrant.

(Foto: Foto:)

Es war die erste Demonstration seit elf Tagen. Ihr Anlass war der zehnte Jahrestag eines Überfalls der Bassidsch-Miliz auf ein Studentenwohnheim. Die gewaltsame Razzia hatte 1999 zu einem Studentenaufstand geführt.

Die Behörden hatten die demonstration zuvor untersagt und angekündigt, sie würden hart gegen Protestierende vorgehen. Falls irgendjemand "unter dem Einfluss konterrevolutionärer Fernsehsender" solche Veranstaltungen vorbereite, werde er "vom Volk zerquetscht" werden, hatte der Gouverneur der iranischen Hauptstadt, Mortesa Tamadon, laut einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Irna erklärt. Dennoch versammelten sich Hunderte Demonstranten. In den vergangenen Jahren hatte es jeweils zum Jahrestag Gedenkveranstaltungen gegeben.

Gleichzeitig wollten die Demonstranten diesmal erneut auf die nach ihrer Ansicht gefälschten Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni aufmerksam machen. Gegen die Wahl, aus der Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad nach offiziellen Angaben als Sieger hervorgegangen war, waren in den vergangenen Wochen Hunderttausende auf die Straßen gegangen. Die iranischen Behörden gingen wiederholt mit Gewalt gegen die Demonstranten vor.

Laut offiziellen Angaben wurden bei den bisherigen Protesten mindestens 20 Menschen getötet. Die Reformbewegung spricht von deutlich mehr Toten. Menschenrechtsgruppen schätzen, dass seit der Wahl etwa 2000 Menschen verhaftet wurden.Auch bei der jüngsten Demonstration in Teheran riefen die Studenten in Sprechchören wieder den Namen des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten und gemäßigten Reformer Mir Hussein Mussawi.

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP ergriff Iran auch andere Maßnahmen, um Demonstrationen zu unterbinden. So hätten die Behörden den dritten Tag in Folge das Handynetz so blockiert, dass keinen Kurznachrichten verschickt werden konnten. Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Festnahme des iranischen Menschenrechtsanwalts Mohammed Ali Dadchah. Der politische Weggefährte der Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi sei am Vortag mit einigen seiner Kollegen vor seinem Büro in Teheran verhaftet worden. Sein jetziger Aufenthaltsort sei unbekannt.

Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums verurteilte am Donnerstag zudem die Ermordung einer Ägypterin in einem Dresdner Gerichtssaal scharf und bezeichnete die Tote als Märtyrerin. Der Mord am vergangenen Mittwoch "zeigt den täglich wachsenden Hass gegenüber Immigranten und religiösen Minderheiten in Deutschland".

© SZ vom 10.7.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: