Staatsvertrag mit Muslimen:Warum der Hamburger Weg richtig ist

Debatten, ob der Islam nun ein bisschen, ganz oder gar nicht zu Deutschland gehört, helfen der Integrationspolitik kaum. Der Staatsvertrag, den Hamburg mit den muslimischen Religionsgemeinschaften geschlossen hat, ist dagegen ein echter Fortschritt.

Jens Schneider

Manchmal kann hanseatisches Understatement sehr nützlich sein. Es gab kein Spektakel im Hamburger Rathaus, kaum große Worte, alles verlief sympathisch unaufgeregt. Den Ton gab Bürgermeister Olaf Scholz vor, indem er von einer Selbstverständlichkeit sprach.

So ordnete er den Staatsvertrag ein, den der Stadtstaat mit den muslimischen Religionsgemeinschaften geschlossen hat. Nichts Besonderes sei der Vertrag, der den Muslimen wichtige Rechte einräumt und zugleich klare Bekenntnisse ihrerseits zum Leben in der deutschen Gesellschaft enthält.

Das hat Scholz geschickt gemacht. So ein moderater Auftritt hilft verhindern, dass über den Staatsvertrag eine hitzige Debatte ausbricht, wie sie die Aufregungsgesellschaft schnell entfachen kann, wenn es um Integrationspolitik geht. Aber ganz richtig liegt Scholz nicht. Das Hamburger Werk ist ein Meilenstein, es ist als Staatsvertrag einzigartig. Auch wenn vieles darin Symbolcharakter hat, könnte es zum Vorbild werden, etwa mit der Einbindung muslimischer Lehrer in den von der Kirche geprägten Religionsunterricht.

Der Vertrag ist also keine Selbstverständlichkeit, aber er formuliert, was längst selbstverständlich sein sollte in einer Stadt, in der mehr als 100.000 Muslime das Leben mitprägen. Er dürfte ihrer Integration mehr dienen als alle Debatten, ob der Islam nun ein bisschen, ganz oder gar nicht zu Deutschland gehört.

© SZ vom 16.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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