SPD:In der Zwischenzeit

Die Partei und ihr Chef müssen nun zeigen, dass die Kraft reicht.

Von Nico Fried

Sigmar Gabriel hat beim Wertekongress der SPD einen guten Auftritt abgeliefert. Bei solchen Anlässen lässt der Parteichef jene Qualitäten aufblitzen, die ihn auch in seiner bisher besten Phase in diesem Amt auszeichneten, als er die SPD nach der Wahl 2013 in die große Koalition führte: Er kann reden, und er geht keinem Streit aus dem Weg. Freilich ist Gabriels Zukunft auch nicht wegen solcher Auftritte ungewiss - es sind die Phasen dazwischen.

Der Vorsitzende und seine Partei haben keinen gewinnbringenden Umgang miteinander gefunden. Gabriel, der zu politischer Weitsicht durchaus fähig ist, strapaziert die SPD gleichwohl mit thematischer Kurzatmigkeit. Die Partei wiederum zerfällt in eine Ansammlung diffundierender Interessen, die von TTIP über die Vermögensteuer bis zur Flüchtlingspolitik oft mit einem Absolutheitsanspruch vertreten werden, der alles infrage stellt, wenn nur eines mal anders läuft.

Mit sozialer Gerechtigkeit will Gabriel zusammenbinden, was zusammengehört. Allzu konkret geworden ist er nicht; die von ihm kritisierte Abgeltungsteuer hat selbst Peer Steinbrück, der sie einst einführte, schon 2013 als Fehler bezeichnet. Soziale Gerechtigkeit: Das müsste nun auf das Leben von heute zugeschnitten werden, nicht nur auf die Parolen von gestern. Es ist die letzte Chance zu zeigen, dass Kraft und gegenseitiger Respekt noch reichen: bei Gabriel und in der Partei.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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