SPD:Defätismus und Gerede

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig schadet seiner Partei - und nutzt der AfD.

Von Christoph Hickmann

Vor genau einem Jahr machte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig über die Grenzen seines Bundeslandes hinaus auf sich aufmerksam, indem er anregte, dass seine Partei auf einen eigenen Kanzlerkandidaten verzichten solle. Ein Jahr später fängt der Sozialdemokrat nun schon wieder damit an: Statt sich auf das Kanzleramt zu fixieren, solle die SPD eine "Regierungsbeteiligung" anstreben. Wer über einen künftigen SPD-Kanzler rede, mache sich angesichts der Ausgangslage unglaubwürdig. Und spätestens jetzt fragt man sich allmählich: Was soll das?

Ja, laut Umfragen sieht es für die Sozialdemokraten nach wie vor düster aus. Ja, ein rot-rot-grünes Bündnis, nach derzeitigem Stand die einzige (theoretische) Machtoption der SPD, ist ein gutes Jahr vor der Wahl ziemlich unwahrscheinlich. Und doch hat sich seit dem Sommer 2015 etwas verändert: Angela Merkel ist nicht mehr die übermächtige, schier unbesiegbare Kanzlerin, die sie war. Bislang profitiert die SPD davon nicht. Aber wer weiß?

Das ist der eine, parteipolitische Grund, warum Albigs als Realismus getarnter Defätismus unangebracht ist. Darüber hinaus gibt es einen weiteren, wichtigeren Grund, warum er solches Gerede besser lassen sollte. Wer den Leuten suggeriert, dass die Wahl schon entschieden sei, darf sich nicht wundern, wenn noch weniger von ihnen zur Wahl gehen. Wem das dann nützt? Zum Beispiel der AfD.

© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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