Spanien:Geste des guten Willens

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In diesem Bus sollen katalanische Separatisten in ihre Heimatregion verlegt worden sein. Madrid will den Angehörigen der Inhaftierten entgegenkommen. (Foto: Eric Alonso/AP)

Spaniens neuer Premier Sánchez überstellt katalanische Gefangene in die Heimatregion. Doch im Streit um die Abtrennung der Region bleiben die Fronten verhärtet.

Von Thomas Urban, Madrid

Die neue sozialistische Regierung in Madrid hat am Mittwoch die Forderung der katalanischen Separatisten erfüllt, die inhaftierten Mitglieder der abgesetzten Regionalregierung in Barcelona sowie weitere Aktivisten der Unabhängigkeitsbewegung in Gefängnisse in ihre Heimatregion zu verlegen. Der neue Premierminister Pedro Sánchez betonte, es handle sich um eine Geste des guten Willens, die dem Dialog zwischen Madrid und Barcelona dienen solle. Die Verlegung der Gefangenen aus der Region Madrid war zuvor vom Obersten Gerichtshof genehmigt worden. Die prominentesten sind der abgesetzte Vizepremier Oriol Junqueras und die frühere Parlamentspräsidentin Carme Forcadell.

Die von zwei separatistischen Fraktionen gebildete neue katalanische Regionalregierung unter Quim Torra begrüßte den Schritt. Torra war am Montag erstmals mit Sánchez zusammengetroffen. Die Sezession der wirtschaftsstarken Industrie- und Tourismusregion vom Königreich Spanien bleibe weiter Ziel seiner Regierung, versicherte er. Sánchez ließ hingegen keinerlei Zweifel daran, dass er die spanische Verfassung verteidigen werde, die eine Sezession einer Region verbietet. In der von Sánchez geführten Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) kalkuliert man, dass durch einen Dialog der Regierung mit den Separatisten deren Unterstützung in der Heimatregion schwinden werde. Bei den Regionalwahlen hatten die separatistischen Gruppierungen 47 Prozent der Stimmen erreicht, was zu einer knappen Mehrheit im Regionalparlament reichte. Wahlforscher gehen davon aus, dass ein Teil der Wähler für die Separatisten gestimmt hat, nur um gegen die Konfrontationspolitik des damaligen konservativen Premierministers Mariano Rajoy zu protestieren.

Den Separatisten drohen bis zu 30 Jahre Haft

Der Prozessbeginn wird für den Herbst erwartet, den Separatistenführern drohen bis zu 30 Jahre Gefängnis. Die Ermittlungsrichter werfen ihnen Rebellion und Veruntreuung vor. Nicht nur spanische Experten, sondern auch deutsche Richter haben an diesen Tatbeständen große Zweifel, wie der Fall des geflohenen katalanischen Ex-Premiers Carles Puigdemont belegt. Er wartet in Berlin auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts von Schleswig-Holstein über den Auslieferungsantrag der spanischen Justiz. Die Richter in Schleswig haben in ihren ersten Entscheidungen den Vorwurf der Rebellion zurückgewiesen.

Auch Amnesty International hat die spanische Justiz scharf kritisiert, vor allem den Fall der beiden Aktivisten Jordi Cuixart und Jordi Sànchez, die seit Mitte Oktober inhaftiert sind. Ihnen wirft der Ermittlungsrichter vor, Demonstranten dazu angestiftet zu haben, ein Regierungsgebäude in Barcelona zu blockieren, in dem Polizisten belastende Materialien gegen die Separatisten suchten. Doch die Tageszeitung La Vanguardia veröffentlichen einen Mitschnitt des Geschehens, aus dem das Gegenteil hervorgeht: Beide Aktivisten haben die Demonstranten aufgerufen, friedlich nach Hause zu gehen.

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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