Spanien:Der Job ist getan

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Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hat gegen alle Widerstände die Sparpolitik durchgesetzt und damit seinem Land und Europa gedient. Die Wähler haben das akzeptiert, trotzdem findet er keinen Koalitionspartner. Nun sollte Rajoy die Konsequenzen ziehen.

Von Thomas Urban

Eigentlich steht seit drei Jahren fest, dass Mariano Rajoy so gut wie keine Chancen hat, spanischer Regierungschef zu bleiben. Damals berichtete die Presse erstmals über schwarze Kassen in seiner konservativen Volkspartei (PP). Rajoy, der gerade, gestützt auf die absolute Mehrheit seiner PP im Parlament, ein hartes Sparprogramm zur Sanierung der Staatsfinanzen umzusetzen begann, unterschätzte den Fall. Zwar überwand das Land dank seines Kurses die Rezession, doch der Skandal hängt ihm immer noch nach. Die anderen Parteien halten ihm vor, für die Korruption in der PP verantwortlich zu sein - und deshalb findet er auch nach den vorgezogenen Neuwahlen vor fünf Wochen keinen Koalitionspartner, um endlich eine neue Regierung zu bilden.

Zwar haben die Wahlen nicht für klare Verhältnisse gesorgt, doch von ihnen ging ein wichtiges Signal für Europa aus: Auch im neuen Parlament sind die Befürworter der Austerität, also der Beschneidung der öffentlichen Ausgaben, klar in der Überzahl. Die spanischen Wähler haben die These widerlegt, dass Sparen automatisch zum Machtverlust führt. Das Gegenteil ist richtig: Die große Mehrheit, die vor allem in kleinen und mittleren Betrieben arbeitet, versteht sehr wohl, dass es das von ihr erarbeitete Geld ist, das einen aufgeblähten öffentlichen Apparat finanziert.

Rajoy hat hier seinen Landsleuten die simple Botschaft vermittelt: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt." Der Premier war eine Stütze für die Krisenpolitik Brüssels und auch Berlins, er hat die Bildung einer Front der südeuropäischen Schuldenmacher verhindert, wie sie zunächst in Paris und Rom diskutiert und in Athen erhofft wurde. Spanien bleibt heute keine Alternative zur Fortsetzung des Wegs von Rajoy, rein rechnerisch wären nun eine Mitte-rechts-Koalition der PP mit den liberalen Ciudadanos oder eine große Koalition aus PP und Sozialisten (PSOE) nach Berliner Vorbild möglich.

Rajoy hat die Sparpolitik durchgesetzt. Nun sollte er gehen

Für Letztere müsste allerdings PSOE-Chef Pedro Sánchez seine Blockade aufgeben und endlich zur Kenntnis nehmen, dass die Wähler seiner Partei eine kräftige Schrumpfkur verordnet haben. Sie haben nämlich nicht vergessen, dass die von 2004 bis 2011 regierenden Sozialisten mit ihrer Schuldenpolitik die Hauptaktie an der Krise haben.

Auf keinen Fall sollte die linksalternative Gruppierung Podemos unter dem Neomarxisten Pablo Iglesias in irgendeiner Weise Zugriff auf die Wirtschaftspolitik bekommen. Podemos kommen durchaus große Verdienste zu, etwa Maßnahmen gegen die durchgehende Korruption und mangelnde Transparenz in der Politik durchzusetzen. Oder nicht müde zu werden, strafrechtliche Verfahren auch gegen die gierigen Bankiers zu fordern, die zu der Krise beigetragen haben. Zuzustimmen ist auch der Forderung nach der Beschneidung des Vergütungssystems nicht nur im Bankensektor, sondern in der gesamten Wirtschaft. In keinem EU-Land sind die Unterschiede zwischen Spitzen- und Durchschnittsgehältern so groß wie in Spanien.

Podemos hat also völlig recht, dass der Selbstbedienungsmentalität der Managerklasse durch den Gesetzgeber Grenzen auferlegt werden sollen. Doch Alternativen zu Rajoy für einen Erfolg versprechenden Ausweg aus der Krise konnte Iglesias nicht aufzeigen. Früher hat er das Modell Venezuelas und Argentiniens angepriesen; nachdem die dortigen Linksregierungen aber gescheitert sind, ist in Wirtschaftsfragen kaum noch etwas von ihm zu hören.

Spanien braucht eine stabile Regierung, Europa braucht ein stabiles Spanien. Rajoy hat seine Partei vom rechten Rand mehr zur Mitte gerückt, hat auch den Generationswechsel gefördert. Nun sollte er diesen Wechsel vollenden, indem er sich zurückzieht, im Interesse Spaniens und Europas.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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