Sozialisten in der Krise:Lötzsch warnt vor "Zerstörung" der Linken

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Linken-Chefin Lötzsch sorgt sich um den Fortbestand der Linken - und nimmt den angefeindeten Schatzmeister in Schutz.

Linken-Chefin Gesine Lötzsch warnt vor möglichen dramatischen Folgen des aktuellen parteiinternen Streits. Vielen Mitgliedern sei offenbar die Gefahr nicht bewusst, "wie schnell man eine Partei zerstören kann und wie schwer es ist, sie wieder aufzubauen", sagte Lötzsch dem Neuen Deutschland. "Wir können nur gemeinsam gewinnen oder getrennt verlieren." Seit dem enttäuschenden Abschneiden der Linken bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg Ende März reißt die interne Debatte um Führung und Ausrichtung der Partei nicht ab.

Sorgt sich um ihre Partei: Linken-Chefin Gesine Lötzsch (Foto: dpa)

Zuletzt sorgten Forderungen hochrangiger Mitglieder nach einem Rücktritt des Schatzmeisters Raju Sharma für Unruhe - er hatte Lötzschs Co-Parteichef Klaus Ernst scharf kritisiert. Lötzsch wiederum stellte sich vor Sharma, in dem sie sich gegen Rücktrittsforderungen wandte. Alle in der Partei müssten darauf achten, "dass wir uns nicht gegenseitig Wunden schlagen. Die Wunden, die von den eigenen Genossinnen und Genossen zugefügt werden, heilen besonders langsam", sagte sie.

An diesem Mittwoch kommt in Berlin der geschäftsführende Linken-Vorstand zu einer Sondersitzung zusammen. Ziel des Treffens ist laut Lötzsch, zum gemeinsamen und selbstbewussten Handeln zurückzufinden. Die Linke-Vorsitzende forderte "einen sorgsamen Umgang mit der Partei" - das sei "insbesondere die Aufgabe von gewählten Führungen".

Zuletzt hatte sich Parteichef Klaus Ernst mit seinen parteiinternen Gegnern einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Der Vorsitzende warf seinen Kritikern vor, sie hätten ihn von Anfang an abgelehnt.

Linke weist Gerüchte über Geldnöte zurück

Schatzmeister Sharma wies derweil Spekulationen über Geldnöte der Partei zurück. Man sei "finanziell gut aufgestellt", obwohl die Partei keinerlei Großspenden von Unternehmen erhalte, erklärte er. Stattdessen habe sie in den vergangenen Jahren Einzelspenden in Millionenhöhe eingenommen.

Sharma bestätigte allerdings, dass der laufende Finanzplan einer Generalrevision unterliegt. Dies sei jedoch kein Anzeichen für finanzielle Probleme. Es gehe lediglich darum, auch in Zukunft einen ausgeglichenen und nachhaltigen Haushalt zu garantieren und notwendige Reserven für kommende Wahlkämpfe anzulegen und aufzustocken.

Nach einem Bericht des Spiegel hat Sharma auf mehreren Sitzungen vor dramatischen finanziellen Problemen der Partei gewarnt. Er verhängte demnach einen Ausgabestopp. Bis Ende Mai müsse der Haushalt der Partei für 2011 neu beschlossen werden, hieß es in dem Bericht. Sharma beklagte demzufolge "fehlende Beitragsehrlichkeit" und überteuerte Kampagnen des Vorstands.

Fraktionschefs fordern neue Debattenkultur

Inzwischen meldeten sich vier der Länder-Fraktionschefs der Linkspartei gemeinsam zu Wort und forderten eine neue Debattenkultur. Die Botschaft der zuletzt schlechten Wahlergebnisse heiße: "Ändert euch, damit ihr stark bleiben könnt", erklärten Bodo Ramelow (Thüringen), Kerstin Kaiser (Brandenburg), Willi van Ooyen (Hessen) und Kreszentia Flauger (Niedersachsen).

Politische Stärke zeige sich nicht im internen Schlagabtausch und Machtkampf, kritisierten sie in einem gemeinsamen Schreiben unter dem Titel "Nach vorn! Gemeinsam. Ein politischer Zwischenruf".

Vor der Bundestagswahl 2009 habe die Linke trennende und ungelöste Fragen zurückgestellt. Dies führe ohne produktive Debatte zu Stillstand, politischen Blockaden und engstirnigen Machtkämpfen. "Deswegen brauchen wir jetzt ein neues, solidarisches Miteinander", heißt es in dem Schreiben.

"Schuldzuweisungen sind keine Analysen, Selbstrechtfertigung darf nicht mit Bewahrung der Identität der Partei verwechselt werden", warnen die Politiker. In der vergangenen Woche war die zuvor interne Führungsdebatte der Linken offen ausgebrochen.

Der sächsische Parteichef Rico Gebhardt hatte Ramelow und den stellvertretenden Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch als Nachfolger ins Gespräch gebracht.

© sueddeutsche.de/dapd/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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