Mord an dem Journalisten Ján Kuciak:Slowakischer Innenminister tritt zurück

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  • Robert Kaliňák, Innenminister und Vize-Regierungschef der Slowakei, tritt von beiden Ämtern zurück.
  • Er reagiert damit auf den Druck von mehreren Seiten, unter den er nach dem Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Verlobten geraten war.
  • Kaliňák sagte, er hoffe, dass dieser Schritt das Land wieder stabilisiere.

Nach der Ermordung des Journalisten Ján Kuciak in der Slowakei hat Innenminister Robert Kaliňák am Montag seinen Rücktritt erklärt. Er lege sein Amt als Minister und auch als stellvertretender Regierungschef nieder, erklärte Kaliňák in Bratislava. "Ich hoffe, dass ich mit diesem Schritt dazu beitrage, dass sich die Lage in der Slowakei stabilisiert", sagte der 46-Jährige nach Angaben der Agentur TASR. Sein Rücktritt war von Demonstranten, der Opposition und Teilen der Regierungskoalition gefordert worden und könnte der Regierung von Robert Fico das Überleben sichern.

Auch Manfred Weber, Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, hatte die Entlassung des Innenministers gefordert. Auf Antrag des CSU-Abgeordneten war eine EU-Delegation in die Slowakei gereist, um sich selbst eine Bild der Ermittlungsarbeiten zu machen. "Wir haben ein zutiefst gespaltenes Land vorgefunden, das nahezu traumatisiert ist", sagte die Co-Leiterin der Delegation, Ingeborg Gräßle (CDU), die auch Vorsitzende des EU-Haushaltskontrollausschusses ist. Sie habe vor allem einen großen Vertrauensverlust von Journalisten und Öffentlichkeit gegenüber den Staatsorganen festgestellt.

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Die Delegation hatte sich neben den wichtigsten Spitzenpolitikern des Landes auch mit Journalisten und Vertretern von Agrarinstitutionen und anderen Förderungsempfängern sowie NGO-Aktivisten getroffen.

Der ermordete Kuciak hatte in seinem letzten, erst nach seinem Tod veröffentlichten Artikel für das Nachrichtenportal aktuality.sk über mutmaßliche Verbindungen zwischen der slowakischen Regierungspartei zur italienischen Mafia berichtet. Dabei ging es auch um mutmaßlich abgezweigte EU-Agrarsubventionen. Ministerpräsident Fico wies die Anschuldigungen zurück und warf der Opposition vor, den Tod zweier junger Menschen als politisches Druckmittel einzusetzen.

Der 27 Jahre alte Kuciak und seine Verlobte Martina Kušnírová waren am Abend des 25. Februar in ihrem Haus tot aufgefunden worden. Sie waren nach Polizeiangaben durch Schüsse in Kopf und Brust getötet worden.

© SZ.de/AFP/dpa/jael - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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