Singapur:Erste Unruhen seit 44 Jahren

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Ein tödlicher Verkehrsunfall löst in Singapur Unruhen aus - es sind die ersten seit Jahrzehnten. Hunderte Menschen greifen Rettungskräfte sowie Polizisten an und setzen Autos in Brand. Den Tätern drohen nun hohe Haftstrafen.

400 Menschen randalierten in der Nacht in einem Bezirk, der als Little India bekannt ist. Auslöser für die Ausschreitungen war ein tragischer Unfall: Ein 33-Jähriger wurde von einem Bus überfahren und starb. Daraufhin wurde das Fahrzeug attackiert. Einem Statement der Singapore Civil Defence Force (SCDF) zufolge erreichten 21:25 Uhr Rettungskräfte sowie Polizisten den Unfallort - und wurden ebenfalls angegriffen:

"Projectiles were thrown at the SCDF rescuers while they were extricating the body. A total of 9 SCDF vehicles were damaged in the incident. 5 vehicles were burnt - 1 SCDF ambulance, 3 police vehicles, 1 motorbike."

Videos und Bilder zeigen brennende Fahrzeuge .

Nachdem die Situation durch eine Spezialeinheit unter Kontrolle gebracht wurde, kündigte Vizepremier und Innenminister Teo Chee Hean Konsequenzen für die Täter an:

"Whatever events may have sparked the rioting, there is no excuse for such violent, destructive, and criminal behaviour. Police will spare no effort to identify the culprits and deal with them with the full force of the law."

Mittlerweile wurden 27 Menschen festgenommen. Sie sollen Flaschen auf die Einsatzkräfte geworfen haben. Da Singapur ein Land mit sehr strengen Gesetzen ist, müssen die Festgenommen mit hohen Haftstrafen rechnen. Verschiedene Medien berichten übereinstimmend davon, dass ihnen bis zu sieben Jahren Gefängnis droht.

Ein Polizist führt einen Mann ab, der in die Unruhen involviert war. (Foto: AFP)

Die Unruhen von Sonntagnacht sind die ersten seit Jahrzehnten. Zuletzt kam es 1969 zu vergleichbaren Szenen. Damals starben bei ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Malaien und Chinesen vier Menschen, es gab 80 Verletzte.

Die Unruhen von Little India haben mittlerweile eine eigene Seite auf Wikipedia. Dem ursprünglichen Verfasser war es offensichtlich wichtig herauszustellen, dass die Verantwortlichen keine gebürtigen Singapurer sind, sondern aus anderen Ländern stammen: "Caused by foreigners", hieß es in einem kurzen Kommentar, der mittlerweile aber gelöscht wurde.

Bei den 27 Festgenommenen soll es sich, genauso wie bei der Mehrheit der Angreifer, um Gastarbeiter aus dem südasiatischen Raum handeln. Der reiche Stadtstaat Singapur ist auf sie angewiesen. Sie arbeiten in den besonders schlecht bezahlten Bereichen - beispielsweise als Bauarbeiter.

Unter den Gastarbeitern gibt es schon länger Unzufriedenheit über die schlechte Bezahlung. Im vergangenen Jahr streikten 170 Busfahrer, die meisten kamen ursprünglich aus China.

Der britische Fernsehsender BBC berichtet von jungen Männer aus Bangladesch und Indien, die ihre Familie in der Heimat unterstützen wollen. Der Bezirk Little India, in dem es zu den Unruhen kam, ist ihr Rückzugsort an freien Tagen. Hier gehen sie einkaufen oder essen.

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