Sicherheitsbehörden:"Reichsbürger" werden künftig vom Verfassungsschutz überwacht

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Mitte Oktober hatte ein Angehöriger der "Reichsbürger"-Bewegung bei einer Razzia mehrere Polizisten angeschossen.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • In ganz Deutschland werden Sicherheitsbehörden die "Reichsbürger"-Szene beobachten.
  • Die Gefährdung durch die Bewegung habe sich deutlich verschärft, sagt das Bundesinnenministerium.
  • Der Szene sollen mehrere tausend Menschen angehören. Sie gilt aber als zersplittert.

Einen Monat nach den tödlichen Schüssen eines sogenannten "Reichsbürgers" auf einen Polizisten wird die Bewegung jetzt bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet. Das kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin an.

"Wir haben in dieser Woche Einigkeit erzielt, dass ab sofort auch die Reichsbürger in ganz Deutschland Sammelbeobachtungsobjekt des Bundesamts für Verfassungsschutz und der Länder werden", sagte der Minister bei den Haushaltsberatungen im Bundestag. Dies sei zugleich ein "starkes Zeichen für die Wehrhaftigkeit unseres Rechtsstaats".

Die Anhänger der Bewegung erkennen die Bundesrepublik nicht an und behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie sprechen Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. Allerdings gilt die Szene als äußerst heterogen, denn es gibt zahlreiche verschiedene Gruppierungen und Einzelpersonen

Eine Beobachtung durch den Bundesverfassungsschutz ist nach Angaben des Innenministeriums erforderlich, da sich die Gefährdungslage im vergangenen Jahr deutlich verschärft habe. "Die Szene ist zunehmend via Internet vernetzt, der Besitz von Waffen ist bei manchen Mitgliedern der Szene erheblich, immer öfter sind Einschüchterungsversuche bei staatlichen Bediensteten durch Szenemitglieder zu beobachten", heißt es in einer Einschätzung des Ministeriums. Die Behörden gingen von mehreren tausend Personen aus, die von der Beobachtung betroffen sein werden.

Im Oktober hatte ein "Reichsbürger" einen Polizisten erschossen

De Maizière hatte bereits im Oktober eine Neubewertung der Bewegung angekündigt, nachdem ein "Reichsbürger" in Bayern einen Polizisten erschossen hatte.

Mehrere Landesbehörden für Verfassungsschutz haben die Bewegung bereits im Visier. Bislang werden aber oft nur Teile davon beobachtet. Noch im September 2015 hatte das Ministerium auf die Frage, warum die Bewegung nicht vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werde, argumentiert, dass eine einheitliche "Reichsbürgerbewegung" nicht existiere und die Aktivitäten in jedem Einzelfall zu prüfen seien.

Im Bundestag betonte de Maizière nun: "Wer diesen Staat ablehnt, der kann auch keinen Pfennig Staatsbürgergeld erhalten und glauben, er könne Polizist oder sonstwo im öffentlichen Dienst sein." Zuletzt hatten Polizeibehörden immer weitere Verdachtsfälle in ihren eigenen Reihen entdeckt.

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