Serbien:Der Favorit

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Nicht nur in der serbischen Stadt Novi Sad hat Aleksandar Vučić seine Anhänger, auch in Russland, Deutschland und den USA ist er gern gesehener Gast. (Foto: Marko Djurica/Reuters)

Ministerpräsident Aleksandar Vučić hat gute Chancen auf den Präsidentenposten. Am Sonntag wird gewählt, die Unterstützung aus Russland und den USA ist ihm sicher.

Von Nadia Pantel, München

Den serbischen Wählern wird am Sonntag erneut die Möglichkeit gegeben, ihren Noch-Premier Aleksandar Vučić zu unterstützen. Es ist das dritte Mal innerhalb der vergangenen drei Jahre, dass Vučić über seine weitere Karriere abstimmen lässt. Im März 2014 stieß er als damaliger Verteidigungsminister vorgezogene Parlamentswahlen an, um das Umfragehoch seiner Partei zu nutzen. Er hatte deren Vorsitz übernommen und wurde folglich Premierminister. Im April 2016 griff er erneut zur Strategie vorgezogener Neuwahlen und ließ sich als Premierminister bestätigen. Nun können sich die Serben wieder für Vučić entscheiden. Diesmal stellt er sich jedoch als Präsident zur Wahl.

In einem Interview mit dem Standard begründete der 47-Jährige seinen geplanten Amtswechsel altruistisch: "Man kann sich nicht immer aussuchen, was für einen selbst besser wäre, man muss sich für die Zukunft des Landes entscheiden." Er sei verpflichtet sicherzustellen, dass seine Partei wie bisher den Präsidenten stellt. Der Präsident hat in Serbien, ähnlich wie in Deutschland, vor allem repräsentative Aufgaben. Beobachter sind sich jedoch einig, dass Vučić auch als Präsident der mächtigste Mann Serbiens bleiben dürfte. Die Opposition ist marginalisiert und zerstritten. Eine Chance auf die Nachfolge als Premier haben nur Mitglieder der Serbischen Fortschrittspartei (SNS), die von Vučić 2008 mitgegründet wurde und der er vorsitzt. Wer auch immer Vučić an der Regierungsspitze nachfolgt: Er oder sie dürfte Vučić die Treue halten.

Auch bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl werden machtpolitische Verschiebungen höchstwahrscheinlich ausbleiben: Unsicher scheint zurzeit nur, ob Vučić schon im ersten Wahlgang siegen oder ob es einen zweiten brauchen wird. Nach den jüngsten Umfragen kommt er auf mehr als 50 Prozent der Stimmen. Von den weiteren Präsidentschaftskandidaten erreicht keiner Zustimmungswerte im zweistelligen Bereich.

Kritische Stimmen in Medien, Opposition und eigener Partei werden an den Rand gedrängt

Innenpolitisch steht Vučić für wirtschaftliche Stabilisierung. Die Weltbank zieht für 2016 eine positive Bilanz: Die Arbeitslosigkeit ist von 17 auf 15 Prozent gesunken, das Wirtschaftswachstum liegt bei 2,9 Prozent, dem höchsten Wert seit Jahren. Weitere Erfolge verspricht Vučić sich von der fortgesetzten Privatisierung staatlicher Unternehmen und von der Erleichterung ausländischer Investitionen.

Diese liberale Wirtschaftspolitik findet keine Entsprechung in Vučić' Umgang mit kritischen Stimmen in den Medien, in der Opposition oder in der eigenen Partei. Wer nicht freundlich über die Regierung berichtet, sieht sich schnell Diffamierungskampagnen ausgesetzt. Die Loyalität regierungsnaher Journalisten wusste Vučić auch im jüngsten Wahlkampf zu nutzen. Die unabhängige Medien-NGO Cem, welche die Berichterstattung über die Kandidaten auswertete, stellte eine "absolute Dominanz" des Premierministers Vučić fest. In den vergangenen vier Wochen, in denen er Präsidentschaftskandidat war, schaffte er es 128 Mal auf die Titelseiten der serbischen Tageszeitungen, in 98 Prozent der Texte wurde positiv über ihn und seine Politik berichtet. Über seinen sozialliberalen Herausforderer, den ehemaligen Ombudsmann Saša Janković, konnte man nur 71 Mal auf den ersten Seiten lesen, und wenn über ihn berichtet wurde, war der Tenor in 40 Prozent der Artikel negativ.

Wahlkämpfer Vučić nutzte im März auch die internationale Bühne, um sich als mächtiger Staatsmann zu zeigen. Am 14. März, 19 Tage vor der Präsidentschaftswahl, besuchte er Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Serbiens Außenminister Ivica Dačić, der Vučić' Kandidatur unterstützt, sagte danach, dass Merkel sich sicher mit niemandem treffen würde, der die Wahlen verlieren könnte. Und ein weiterer prominenter Deutscher wird von Belgrads Regierung zu den Unterstützern gezählt: Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der Sozialdemokrat führte in Belgrad auf einer Wahlkampfveranstaltung aus, wie sehr Vučić Serbiens internationales Image verbessert habe.

Auch US-Präsident Donald Trump und sein russischer Kollege Wladimir Putin zeigten sich zur Wahlkampfzeit als Vučić-Freunde. Trump schrieb dem serbischen Premier einen Brief, dass er sich auf eine "Vertiefung der Zusammenarbeit" freue. Und Putin empfing den Bald-Präsidenten am Dienstag in Moskau. Unter Serbiens scheidendem Präsidenten Tomislav Nikolić hatte die außenpolitische Pendel-Diplomatie eine Doppelspitze. Vučić war für EU-Kontakte zuständig, Nikolić für die Freundschaft zu Russland. Nun füllt Vučić wohl beide Rollen aus.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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