Seehofer:Ruf nach Konsequenzen

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Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (2. v. l.), Justizminister Winfried Bausback (ganz links) und Innenminister Joachim Herrmann (3. v. l.) in St. Quirin. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der CSU-Chef fordert nach den jüngsten Gewalttaten Konsequenzen - und scheut auch nicht vor einem Koalitionskrach zurück.

Von Robert Roßmann und Lisa Schnell, Berlin/St. Quirin

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie groß die Sorgen im Kanzleramt sind, kam er am Dienstag um kurz nach 14 Uhr per E-Mail. Angela Merkel werde bereits an diesem Donnerstag in die Bundespressekonferenz kommen, um "zu aktuellen Themen der Innen- und Außenpolitik" zu sprechen, teilte der Chef vom Dienst des Bundespresseamtes mit. Die Kanzlerin unterbricht also überraschend ihren Urlaub, um sich Fragen zur inneren Sicherheit und zur Flüchtlingspolitik zu stellen. Der Anschlag von Nizza, der Axt-Täter von Würzburg, der Amoklauf von München, der Dönermesser-Angriff von Reutlingen und die Bombe von Ansbach haben den Druck zu groß werden lassen. Merkel muss nach Berlin kommen, um zu erklären, wie sie die Bürger zu schützen gedenkt. Auch im Kanzleramt befürchtet man, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gerade erodiert.

Dass der Auftritt für Merkel nicht einfach werden wird, zeigte sich bereits am Dienstag. Da nutzte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) den Auftakt der Kabinettsklausur am Tegernsee, um klarzumachen, was er jetzt verlangt. Die Zeit der "Relativierung der Probleme" müsse endlich vorbei sein, ätzte Seehofer in Richtung Berlin. Er bezog sich damit auch auf Äußerungen von Merkels Regierungssprecherin am Montag. Diese hatte auf Untersuchungen verwiesen, "nach denen die Gefahr des Terrorismus" unter Flüchtlingen "nicht größer und nicht kleiner ist als in der übrigen Bevölkerung".

Seehofer forderte, dass die Politik Konsequenzen ziehen müsse aus den drei Bluttaten, die in den vergangenen Tagen Bayern erschütterten. Er habe viel von Besonnenheit gehört, Besonnenheit aber ersetzte nicht "das Handeln des Staates", sagte der CSU-Chef. Die Leute seien verängstigt und bräuchten jetzt belastbare Antworten durch die Politik. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann forderte, dass Flüchtlinge schon bei der Erstkontrolle an der Grenze besser auf ihre Identität überprüft werden sollten. Wer ohne Ausweispapiere komme, der müsse erst einmal angehalten werden. "Eine Politik der offenen Grenzen darf es nicht geben", sagte Herrmann. Auch sei es mit seinem Sicherheitsverständnis "unvereinbar", dass in einer staatlich finanzierten Unterkunft Materialien für den Bombenbau lagerten - wie beim Täter von Ansbach. Straftätern solle außerdem der Flüchtlingsstatus schneller entzogen werden. Auch dürfe die Abschiebung in Kriegsgebiete wie Afghanistan kein Tabu darstellen, es gebe auch dort sichere Regionen. Abschiebungen dürften zudem nicht "ohne weiteres an medizinischen Gründen scheitern". Auch der Einsatz der Bundeswehr bei Terrorlagen müsse "selbstverständlich" werden.

Justizminister Winfried Bausback erneuerte Forderungen, Verbindungsdaten länger zu speichern und die Sympathiewerbung für Extremisten zu bestrafen. Für Bayern wird das Kabinett wohl eine Verstärkung der Polizei beschließen. Für die meisten seiner Forderungen braucht das Land aber den Bund. Seehofer scheint den Konflikt jedoch nicht zu scheuen. "Ich bin nicht mehr bereit, nur um des Friedens willen die Dinge nicht so zu behandeln wie sie behandelt werden müssen", sagte er.

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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