Seehofer:Die Weltachse und die CSU

Warum Seehofer mit riesiger Delegation nach Moskau geflogen ist.

Von Heribert Prantl

Herrschaftszeiten!" Der Ausruf gilt in Bayern auch als Ausruf neidischer Anerkennung. So ein Ausruf mag so manchem nicht-bayerischen Ministerpräsidenten entfahren, wenn er von der gigantischen Delegation liest, mit der der bayerische Regierungschef Horst Seehofer nach Moskau gereist ist. Es ist eine Delegation, mit der Seehofer etwas zelebriert, was es in einem Bundesstaat so eigentlich nicht gibt: Eigenstaatlichkeit.

Bayern tut so, als lebe man noch in den Zeiten des Deutschen Bundes. Es steckt da einiges an Nostalgie und bavaresker Eitelkeit darin; aber wirklich schaden tut es nicht. Die großen Zeiten der CSU waren diejenigen, in denen Franz Josef Strauß so tat, als verlaufe die Weltachse durch München. Dafür wurde er gefeiert. Und weil Seehofer weiß, dass er nur dann der König der CSU bleibt, wenn er an diese Traditionen anknüpft, versucht er, sich den Mantel des großen Außenpolitikers umzuhängen. Man kann das belächeln, man kann das als Wichtigtuerei kritisieren. Die Wirtschaftsleute, die Seehofer zu Dutzenden begleiten, sehen das anders.

Und die Bundesaußenpolitiker, die offiziell die Sanktionen gegen Putin verteidigen, aber ein bisschen Annäherung an Russland durchaus goutieren, sehen einfach weg. Das ist der eigentliche Sinn des Ausrufs Herrschaftszeiten: Der hat nichts mit Herrschaft zu tun, sondern bedeutet, dass der "Herr auf d' Seitn", der Herrgott also wegsehen soll. Das ist CSU-Politik.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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