Schweden:Zustimmung für Nato-Beitritt wächst

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Immer mehr Schweden befürworten eine Mitgliedschaft, Grund sind russische Militärmanöver. Auch die vier bürgerlichen Oppositionsparteien sind dafür - die Regierung lehnt einen Beitritt hingegen ab.

Von Silke Bigalke, Stockholm

In Schweden wächst die Unterstützung für einen Nato-Beitritt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sifo sprachen sich 41 Prozent der Befragten dafür aus, 39 Prozent dagegen. Auch andere Umfragen hatten zuvor gezeigt, dass in Schweden die Befürworter einer Mitgliedschaft überwiegen. Noch vor einem Jahr waren die Beitrittsgegner in einer Sifo-Umfrage in Überzahl gewesen.

In Schweden wird, ebenso wie in Finnland, seit Beginn des Ukraine-Konflikts verstärkt darüber diskutiert, sich dem Militärbündnis anzuschließen. Seither hat Moskau seine militärische Aktivität im Norden verstärkt, sind immer wieder russische Jets an die Grenzen des schwedischen und finnischen Luftraums herangeflogen. Beide Länder haben daher beschlossen, in Verteidigungsfragen stärker zusammenzuarbeiten. Wenn sie der Nato beitreten, wollen sie es gemeinsam tun.

Vor den Wahlen im April war der Beitritt in Finnland jedoch keine Option, erst die neue Regierung schließt ihn nicht mehr aus. Für die sozialdemokratisch-grüne schwedische Regierung kommt er weiterhin nicht infrage. Doch auch in Stockholm tut sich etwas: Die vier bürgerlichen Oppositionsparteien sind sich neuerdings einig, dass sie den Nato-Beitritt wollen. Die Christdemokraten und die liberal-konservative Zentrumspartei haben erst vor zwei Wochen ihren Kurs geändert und sich für eine Mitgliedschaft ausgesprochen.

Außenministerin Wallström hat am Freitag den russischen Botschafter einbestellt

Eines der wichtigsten Argumente der Nato-Gegner ist, dass Schweden eher vor Konflikten geschützt sei, wenn es keinem Bündnis angehöre. Gerade jetzt fürchten sie, ein Beitritt könne Russland provozieren. Dieser These widerspricht der schwedische Konfliktforscher Wilhelm Agrell in einem Beitrag, der am Wochenende in der Tageszeitung Dagens Nyheter erschienen ist. Er schreibt, die schwedische Politik nach 1949, dem Gründungsjahr der Nato, sei von Anfang an "doppelbödig" gewesen. Schweden berief sich auf seine Allianzfreiheit und kooperierte gleichzeitig mit dem Westen. Heute funktioniere diese Taktik nicht mehr: Schwedens Neutralität fehle es an Glaubwürdigkeit, dem Militär an Abschreckungskraft. Zu glauben, man könne Russland beschwichtigen, indem man sich in der Nato-Frage ruhig verhalte, sei Selbsttäuschung. "Russland scheut sich nicht, seinen Nachbarn zu drohen, wenn die sich selbst schützen wollen." Schwedens Außenministerin Margot Wallström hat am Freitag den russischen Botschafter einbestellt, um ihn wegen einer solchen Drohung zur Rede zu stellen. Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums hatte erklärt, eine schwedische Nato-Mitgliedschaft hätte "militär- und außenpolitische Konsequenzen, die Gegenmaßnahmen von Russland erfordern würden". Wallström stellte klar, dass Schweden "unabhängige Entscheidungen" treffe. Derzeit bereitet es ein Gastlandabkommen vor, das die Kooperation mit der Nato vertiefen soll.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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