Saudi-Arabien:Rote Karte für Fundamentalisten

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Das Königreich will mehrere Sportstadien für Frauen öffnen.

Von Paul-Anton Krüger

Die Bilder gingen um die Welt: Frauen in schwarzen Abayas, den bodenlangen Gewändern, auf der Tribüne des König-Fahd-Stadions in Riad. Es war der 23. September 2017, zum 87. Mal jährte sich die Gründung Saudi-Arabiens. Die 2016 geschaffene Unterhaltungsbehörde organisierte Feste zum Nationalfeiertag. Es gab eine Operette samt Licht-Show und Feuerwerk - und wie zuvor bei anderen Veranstaltungen der Behörde einen für Familien reservierten Bereich, in dem Frauen mit ihren Kindern und auch Männern die Vorstellung verfolgen konnten.

Was es nicht gab, war eine Sportveranstaltung - und so gab es auch kein Ende des Stadionverbots für Frauen. Das soll nun kommen, Anfang 2018, zunächst beschränkt auf Riad, Jiddah und Dammam. Die Regeln für den Zugang zu Sportstätten würden erarbeitet, sagt der Chef der Sportbehörde. Klar ist: Die Frauen dürfen nur als Teil ihrer Familie kommen.

In Saudi-Arabien gilt in der Öffentlichkeit strikte Geschlechter-Trennung - die nur durchbrochen werden darf, wenn Frau und Mann verwandt oder verheiratet sind. In Banken gibt es eigene Eingänge für Frauen. Restaurants und Cafés sind Männern vorbehalten, bis auf mit einem Sichtschutz abgetrennte Familienbereiche. Dem Stadionerlebnis stand überdies entgegen, dass konservative islamische Geistliche es als unziemlich verteufeln, wenn Frauen Männer sehen, die nur mit kurzen Hosen und T-Shirts bekleidet sind. Das gilt nicht nur in Saudi-Arabien. Auch Iran verbietet Frauen, Männer-Sport von der Tribüne aus zu erleben.

Jüngst wurden bei einem WM-Qualifikationsspiel im Azadi-Stadion in Teheran gegen Syrien zwar syrische Anhängerinnen eingelassen. Als die Iranerinnen aber gleiches Recht forderten, drohte ihnen die Polizei mit Verhaftung - obwohl der Online-Ticketverkauf kurz auch ihnen offenstand. Es war angeblich ein technischer Fehler. Manche Syrerinnen trugen dann nicht einmal Kopftuch, das in Iran anders als in Saudi-Arabien auch nicht-muslimischen Frauen vorgeschrieben ist.

In Saudi-Arabien zeigt sich Kronprinz Mohammad bin Salman unbeeindruckt von Protesten, die Konservative im Internet nach der Stadion-Premiere zum Nationalfeiertag lostraten. Unter dem Slogan "Patriotismus heißt nicht Sünde" forderten Hunderttausende die Religionspolizei zurück, die er 2016 entmachten ließ. Der Königssohn dagegen hat jüngst die "Rückkehr zum moderaten Islam" angekündigt, eine Kampfansage an die Kleriker.

Der 32-Jährige hegt noch viel weitergehende Pläne: Auf 50 unberührten Inseln im Roten Meer zwischen den Städten Umluj und al-Wajh soll ein Resort für Luxus-Touristen entstehen - laut offiziellem Prospekt eine Sonderwirtschaftszone mit eigenen Gesetzen "auf Augenhöhe mit internationalen Standards". Was genau das heißt, bleibt offen. Nur soviel: Die meisten Besucher sollen anders als für den Rest des Landes kein Visum brauchen. Aber in Riad dürfte den Verantwortlichen klar sein, dass zahlungskräftige Touristen aus dem Westen nur kommen, wenn Frauen im Bikini in das klare, türkise Wasser steigen dürfen. Und sie den Sonnenuntergang am weißen Sandstrand mit einem Cocktail in der Hand genießen können, der nicht nur aus Fruchtsäften besteht.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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