Russlandpolitik der EU:Terminplan nach Minsker Zeit

Lesezeit: 2 min

Ukraine-Gipfel in Minsk: In der weißrussischen Hauptstadt beraten Merkel und Hollande mit den Präsidenten von Russland und der Ukraine. (Foto: AP)
  • Ein informeller EU-Gipfel ist für den Abend in Brüssel geplant.
  • Bei dem Treffen soll es um die Russlandpolitik der EU gehen.
  • Ausgang und Verlauf hängen jedoch von den Minsker Gesprächen ab, die am Morgen noch andauern.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rates, hält wenig von Sitzungen bis tief in die Nacht. Auf 19.30 Uhr hat er die Abschlusspressekonferenz des informellen EU-Gipfels an diesem Donnerstag terminiert. Daran, dass der Zeitplan zu halten sein wird, glaubt in Brüssel allerdings kaum noch jemand. Je nach Ausgang des Ukraine-Treffens von Minsk kommen auf die Staats-und Regierungschefs schwierige Diskussionen zu. Schon in den vergangenen Monaten war es immer mühsamer geworden, eine einheitliche EU-Linie angesichts des Krieges im Osten der Ukraine zu wahren. In einer Reihe von Staaten, zuletzt am deutlichsten in Griechenland, wächst die Kritik an der Sanktionspolitik und ihren Kosten. "Die EU stand immer und wird immer auf der Seite des Opfers einer Aggression stehen - und die Ukraine ist das Opfer einer Aggression", hält dem ein hochrangiger EU-Beamter entgegen.

Was daraus folgt, hängt vom Verlauf der Vierer-Gespräche in Minsk ab. Drei von vier Teilnehmern werden in Brüssel aus erster Hand Bericht erstatten können, nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande. Tusk hat auch den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko nach Brüssel eingeladen. Schon in der Vergangenheit war es Poroschenko gelungen, die 28 Staats- und Regierungschefs aufzurütteln. Seine Anwesenheit in Brüssel könnte also durchaus einen Unterschied machen, vor allem dann, wenn die Minsker Gespräche nicht zu dem erhofften Ergebnis führen. Für diesen Fall komme die Frage weiterer Sanktionen mit Sicherheit auf den Tisch, kündigte der EU-Diplomat an.

Auch Petro Poroschenko ist zum Gipfel der EU-Oberen eingeladen

Nicht zu rechnen ist allerdings damit, dass die Staats- und Regierungschefs neue Wirtschaftssanktionen gleich beschließen. Für den informellen Gipfel sind solche Beschlüsse gar nicht vorbereitet und können nicht einfach aus dem Hut gezaubert werden. Wohl aber könnten die EU-Kommission und der Auswärtige Dienst der EU beauftragt werden, neue Maßnahmen auszuarbeiten. Bisher gibt es Sanktionen, die vor allem auf den Finanzsektor zielen und die durch den niedrigen Ölpreis prekäre wirtschaftlich Lage Russlands weiter verschärfen. Außerdem verhängt sind Einreiseverbote und Kontensperrungen für 132 Personen sowie 28 Organisationen. Am Montag sollen diese Strafmaßnahmen gegen 19 weitere Personen und neun Organisation in Kraft treten. Im Falle eines durchschlagenden Minsker Erfolges wäre es theoretisch möglich, dass die EU-Staaten das Inkrafttreten der neuen Liste einstimmig stoppen. Das gilt aber als sehr unwahrscheinlich.

Sollte es gut laufen in Minsk, so ist in Brüssel zu hören, müsse nach den bisherigen Erfahrungen erst einmal abgewartet werden, ob die Vereinbarungen umgesetzt werden und ein Waffenstillstand auch hält. Dann aber wolle man zur Deeskalation beitragen. Vor allem müsse nun die Finanzhilfe für die Ukraine aufgestockt werden, fordert der Chef der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer. "Während über Waffenlieferungen debattiert wird, steht die Ukraine finanziell vor dem Kollaps und wird dabei alleine gelassen. Das ist absurd", kritisiert er.

Mit besonders schwierigen Verhandlungen wird für den wahrscheinlichen Fall gerechnet, dass das Minsker Resultat weder weiß noch schwarz ist. Dann dürfte über die Interpretation gestritten werden. Es solle ja, gibt ein EU-Mann zu Bedenken, 50 Grautöne geben.

© SZ vom 12.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: