Russland:Indiskrete Begleitung

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Der Milliardär Oleg Deripaska (ganz links), hier 2014 mit Russlands Präsident Wladimir Putin auf einem Wirtschaftsgipfel in Peking. (Foto: dpa)

Ein Oligarch soll den Kontakt zwischen Moskau und Donald Trumps Wahlkampfteam angebahnt haben. Den Verdacht erhärten nun Fotos einer Frau, die bei einem Escort-Service arbeitet.

Von Julian Hans, Moskau

Die Prahlsucht einer Frau, die bei einem Escort-Service arbeitet, hat russische Regierungsgegner möglicherweise auf die Spur des Mannes gebracht, der im Auftrag Moskaus den Kontakt zu Donald Trumps Wahlkampfteam hergestellt hat. Die junge Frau, die sich Nastja Rybka nennt, hat im sozialen Netzwerk Instagram Fotos und Videos von einem Yacht-Urlaub veröffentlicht. Auf den Bildern ist der Milliardär Oleg Deripaska zu erkennen, der sein Vermögen in den 1990er-Jahren bei der Privatisierung der Schwerindustrie machte und zu den Oligarchen gezählt wurde.

Trumps Wahlkampfmanager Manafort hatte einen Vertrag mit dem Milliardär

Mit auf dem Boot war auch Sergej Prichodko, stellvertretender Regierungschef und zuständig für Außenpolitik. Man sieht ihn auf Fotos, in einem Video nennt Deripaska seinen Namen. Der 61-jährige Prichodko tritt öffentlich kaum in Erscheinung. Boris Jelzin hatte den Diplomaten 1997 in den Kreml geholt, dort diente er auch Putin, bis er 2012 in die Regierung wechselte. Ein hohes Regierungsmitglied auf einer Luxus-Reise auf der Yacht eines Wirtschaftsbosses: Dass das nach Korruption riecht ist die eine Sache und überrascht in Russland niemanden mehr. Bemerkenswert aber sind in diesem Zusammenhang die Verbindungen von Deripaska zu Donald Trumps ehemaligem Wahlkampfmanager Paul Manafort.

Manafort hatte mit Deripaska einen Berater-Vertrag im Jahr 2005 über zehn Millionen Dollar geschlossen. Damals hatte er Deripaska angeboten, einen Plan auszuarbeiten, um die Politik und Berichterstattung in Europa und den USA zugunsten des Kremls zu beeinflussen. Laut Berichten von US-Medien bot Manafort dem Russen im Wahlkampf "private Briefings" an. Nachdem die Vorwürfe bekannt geworden waren, hatte sich Trump von Manafort getrennt. Im Oktober wurde er wegen Verschwörung und Geldwäsche angeklagt.

Ungeklärt war bislang, ob Deripaska im Auftrag der Regierung gehandelt hat. Die Bilder von dem gemeinsamen Yacht-Ausflug mit einer der wichtigsten Figuren in der russischen Außenpolitik erhärten nun diesen Verdacht. Die Reise fand im August 2016 statt, wenige Wochen nachdem Manafort Deripaska exklusiven Zugang zu Trump in Aussicht gestellt hatte.

In einem kurzen Video, das Rybka veröffentlicht hat, sagt Deripaska, "Sergej Eduardowitsch" (gemeint ist Prichodko) sorge sich um die Beziehungen zu den USA. Inwieweit sich Trump und seine Mitarbeiter mit den Russen eingelassen haben, versucht derzeit der Sonderermittler Robert Mueller in Washington zu klären.

Die Fotos von der Yacht-Reise legen nahe, dass Nastja Rybka dort nicht unbedingt als Bootsmechanikerin mitreiste. Doch die Instagram-Einträge sind nicht das einzige Indiz. 2016 hatte Nastja Rybka ein "Tagebuch von der Verführung eines Milliardärs" veröffentlicht, in dem detailliert über eine Yacht-Reise mit einem Oligarchen und einem hohen Regierungsbeamten berichtet wird. Die Aktivisten um den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und deren Stiftung zur Bekämpfung der Korruption glichen die Tagebucheinträge mit der Reiseroute von Deripaskas Yacht ab. Die Aufzeichnungen stimmten mit den in öffentlichen Datenbanken zugänglichen Schiffspositionen überein.

Der Kreml lehnte eine Stellungnahme ab. Oleg Deripaska bestritt alle Vorwürfe und kündigte an, Nawalny zu verklagen. Bei der Recherche handle es sich um die "Ausgeburt der Fantasie", die darauf abziele, seine Reputation zu schädigen, hieß es in einer Erklärung, die die Agentur Ria Nowosti am Freitag verbreitete. Derweil genießt die Auslöserin des Skandals sichtlich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Aus Dubai meldete sie sich via Instagram, klagte erst, Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden zu sein, prahlte dann aber wieder mit ihren Eroberungen und kündigte an, sie werde auch noch Nawalny selbst rumkriegen.

Der war überhaupt erst auf die Frau aufmerksam geworden, nachdem im vergangenen Sommer mehrere wie Prostituierte gekleidete Frauen das Wahlkampfbüro des Politikers in Moskau gestürmt hatten - begleitet von einem Kamerateam des Kreml-treuen Boulevard-Senders Life. Vergleichbare Aktionen, um Oppositionelle lächerlich zu machen, sind in Russland an der Tagesordnung. Mal werden sie mit grünem Desinfektionsmittel angespritzt, mal mit Milch übergossen, mal mit Würsten beworfen. Aufnahmen von dem Überfall auf das Moskauer Wahlkampfbüro zeigen, dass ein Kreml-treuer Aktivist die Frauen begleitete. Möglicherweise waren die Frauen bei einem Escort-Service für die Aktion gebucht worden. Nastja Rybka prahlte danach auf Instagram mit der Tat und versprach, weiter Jagd auf Nawalny zu machen. Das war der Anlass für den 41-Jährigen, das Profil der Frau auf Instagram etwas genauer zu prüfen.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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